Volltext: Geschichte der Italienischen Malerei vom vierten bis ins sechzehnte Jahrhundert (Bd. 2)

Andrea 
del Sarto. 
Spätere Werke. 
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die keck in Rothstift hingeworfenen Modellstudien zu Christus und vier 
Aposteln in den Uffizien (Br. 396, 401, .402), prachtvolle Naturstudien 
zu Händen und Füssen im Louvre (Br. 129). 
Als im Jahre 1524 die Pest in Florenz wüthete, begab sich 
Andrea auf Veranlassung seines Gönners Antonio Brancacci mit seiner 
ganzen Familie in's Gebirge nach Mugello, um für die Nonnen von 
San Piero a Luco ein Altarbild zu malen. Es entstand die herrliche 
jetzt in der Galerie Pitti befindliche Pieta, in welcher der todte 
Christus von der Madonna, Magdalena und Johannes betrauert wird, 
während Katharina, Petrus und Paulus mit innigem Schmerzensausdruck 
dabeistehen. Die überaus geistvolle Skizze dazu sieht man in den 
Uffizien (Br. 389), die Naturstudie zum todten Christus im Louvre 
(B12128). Das Werk ist ohne Zweifel im Hinblick auf die Pieta Fra 
Ba.rtolommeo's entstanden, dessen Christus hier fast genau wiederholt 
wird, und sowohl durch die ergreifende Dramatik, den grossartigen 
symmetrischen und doch frei bewegten Aufbau, wie durch die meister- 
liche Färbung von hohem Werth. Er erhielt dafür, ausser der Kost 
für sich und die Seinen, neunzig Goldgulden. Das Werk bietet ein 
bedeutsames Beispiel für die auf Fra Bartolommeds Vorgang beruhende 
rhythmisch architektonische Compositionsweise: es bildet eine Doppel- 
gruppe von zwei Pyramiden, die mit dem einen gemeinsamen Fusspunkt 
in der Gestalt der Madonna zusammentreffen. Die Röthelzeichnung 
zu einer anderen überaus ergreifenden Pieta, wo die Madonna sich 
schmerzerfüllt über den Leichnam des Sohnes beugt und Johannes d. T. 
und ein andrer Heiliger erschüttert dabei stehen, findet sich im Louvre 
(Br. 119), eine betrügerische Kopie in den Ufiizien (Br. 400). Kürze 
Zeit vorher hatte er für Bartolomrneo Panciatiehi, der wegen seines 
Handelsverkehrs mit Frankreich ein Altarwerk- nach Lyon stiften wollte, 
die grossartige 'l'afel mit der Verklärung der Madonna gemalt, welche 
man jetzt unter Nr. 191 in derselben Sammlung sieht. Gross und 
mächtig in der Composition, voll Leben und Ausdruck, iSt das Bild 
auch durch die Tiefe und die duftige Weichheit des Kolorits eine seiner 
edelsten Schöpfungen. Unter den das offene Grab der Madonna um- 
gebenden, mit dem Ausdruck des Staunens, der Verehrung und inniger 
Bitte ihr nachschauenden Aposteln ist die Jünglingsgestalt des Johannes 
von besonderer Schönheit. Den Vordergrund füllen zwei prächtige 
knieende Gestalten, von denen die eine in porträtmässiger Bildung, und 
in fast kokett zurückgeschlagenem Mantel sich nach dem Beschauer 
wendet. Die Madonna schwebt, von Engeln auf Wolken emporgetragen,
	        
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