Volltext: Geschichte der Italienischen Malerei vom vierten bis ins sechzehnte Jahrhundert (Bd. 2)

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Buch. 
Kapitel. 
übrigen 
Florentiner. 
vom Weinberg; im ersten schilderte er, wie der Hausvater die Arbeiter 
beruft, im zweiten wie er ihnen den Lohn auszahlt. Beide Bilder sind 
untergegangen, aber von der lebensvollen Natürlichkeit der Schilderung 
zeugt eine Zeichnung nach dem zweiten Bilde in der Albertina zu 
Wien (Br. 72), die freilich nicht als eigenhändige Arbeit Andrea's 
betrachtet werden kann. Sein berühmtestes Meisterwerk der Freske- 
malerei ist aber die im Jahre 1525 entstandene „Madonna del sacco" 
in einer Lünette des Kreuzganges der Annunziata, die er um den 
Preis von zehn Scudi ausführte. Die Madonna ruht mit ihrem Kinde 
auf den Treppenstufen eines Palastes. Der Kleine strebt, rittlings über 
den Schooss der Mutter wegschreitend, zu dem Nährvater Joseph hin, 
welcher in bequemer Lage, auf einen Sack gestützt, in einem Buche 
liest. Es ist eine der grossartigsten Familiengruppen der neueren 
Kunst, und doch hat der Künstler nur ein alltäglich sich bietendes 
Motiv der Wirklichkeit durch Grösse der Auffassung, machtvolle Leben- 
digkeit, meisterhafte Plastik und höchste malerische Vollendung in das 
Reich des Ewiggültigen hinaufgehoben. Aehnlich hat Rafael es mit 
seinen schönsten Madonnen gemacht, und wenn Andrea "in der etwas 
indifferenten Schönheit der Mutter hinter der Seelentiefe Rafaefs zurück- 
bleibt und mehr eine freie sinnliche Anmuth erstrebt, so übertrifft er 
dagegen den Urbinaten und alle andern Gleichzeitigen durch die strah- 
lende Herrlichkeit und den weichen Schmelz des Kolorits. Die Original- 
skizze zu den Figuren der Madonna mit dem Kinde findet sich in der 
Albertina (Br. 73), die zum Joseph im Louvre (Br. 118). 
Endlich malte Andrea 1526 im Refectorium des Klosters der 
Salvi ein grosses F resko des Abendmahls. Auch dies ist ein Werk 
höchster Meisterschaft und wenn gleich an Tiefe der Charakteristik 
und dramatischer Wucht dem Meisterwerke Li0nardo's nicht eben- 
bürtig, so erreicht es doch durch die edle Lebendigkeit, durch die 
Mannichfaltigkeit der Charakteristik, die besonders in den markig aus- 
geprägten Köpfen und dem ausdrucksvollen Spiel der Hände sich zu 
erkennen giebt, endlich in dem wunderbaren mit der feinsten Abtönung 
der Luftperspektive durchgeführten Kolorit eine solche Bedeutung, dass 
das Bild unter den grössten Meisterwerken der damaligen monumen- 
talen Malerei einen Ehrenplatz behauptet. Wunderlicher Weise hat der 
Künstler in der Höhe der Wand in einer gemalten Galerie zwei genre- 
hafte Figuren als Zuschauer angebracht, wodurch der Stille und Samm-  
lung einer solchen Scene Abbruch geschieht. Eine meisterliche Oel- 
skizze zu dem Werke sieht man in der Üniversitats-Galerie zu Oxford,
	        
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