Auch hier herrscht ein ziemlich strenger pyramidaler Aufbau, edle
Anmuth der Gestalten, Lebendigkeit des Ausdrucks und wunderbarer
Zauber des Kolorits. Ebenfalls vortrefflich ist in derselben Sammlung
(Nr. 82) eine für Zanobi Bracci ausgeführte h. Familie, die das alte
Motiv des von der Madonna angebeteten Kindes zu hoher Freiheit
umbildet und nicht minder schön gemalt ist.
In der weiteren Entwicklung des Meisters bemerkt man eine
immer grössere Freiheit und Leichtigkeit der Ausführung, auf welche
die Gewohnheit des Freskomalens mit ihrer flotten Behandlung sicht-
lich Einfluss geübt hat, und die ohne Zweifel den Üebergang zu der
bald so Verhängnissvoll auftretenden Schnellmalerei der Manieristen
bildet. Andrea selbst aber, obwohl ihm der tiefe Ernst eines Lionardo,
die Hoheit eines Michelangelo, die Würde eines Fra Bartolommeo,
der Seelenadel eines Rafael fehlt, bleibt doch in seiner weltlicher ge-
arteten Kunst bis zuletzt fast auf gleicher Höhe, und wenn manchmal
seine Gestalten einen Zug von Aeusserlichkeit spüren lassen, so geben
sie sich doch immer voll köstlicher Lebensfülle, der das unvergleich-
liche Kolorit in unverminderter Schönheit als Ausdruck dient. Zu den
Werken seiner mittleren Zeit gehören zunächst die beiden kleineren
Tafeln mit Scenen aus der Geschichte Josephs, jetzt in der Galerie
Pitti Nr. 87 u. 88. Sie Wurden ursprünglich im Auftrage des Salvi
Borgherini für die Vermählung seines Sohnes mit Margherita Acciajiloli
ausgeführt und bildeten einen Theil jener prachtvollen Ausstattung, an
welcher die angesehensten Künstler im Wetteifer sich betheiligt hatten.
Dem Heldenmuth der edlen Frau verdankt man die Erhaltung dieser
Stücke, denn da bei der Belagerung von Florenz 1527 der französische
Agent Giovan Battista della Palla die Abwesenheit des Hausherrn zu
einer Entführung der kostbaren Kunstschätze- zu benutzen suchte, trat
ihm die entrüstete Hausfrau mit der zornigen Drohung entgegen, sie
werde diese Denkzeichen ihrer Ehe mit ihrem Leben vertheidigen.
Vasari lässt die Heroine dabei eine längere Wohlgesetzte Rede im Stil
des Livius halten. Die Tafeln schildern den Verrath der Brüder, Jo-
sephs Verkauf nach Aegypten und die Traumdeutung bei Pharao in
überaus geistreicher lebendiger Erzählung, wobei die kleinen zierlichen
vortrefflich gemalten Figürchen wie Staffage in reichgegliederter Land-
schaft erscheinen, auf deren selbständige Entwicklung allem Anscheine
nach Dürefsche Compositionen eingewirkt haben. Das Ganze giebt
wieder eine trelfliche Vorstellung von dem Erzählertalent des Künstlers
und zugleich von dem hohen Range derartiger bloss für häusliche