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Kapitel.
übrigen Florentiner.
kennt man ebenfalls die zunehmende Sicherheit des Künstlers. Noch
freier und lebendiger gestaltet sich das dritte Bild, wo der Heilige den
bösen Geist aus einem Mädchen austreibt. (Fig. 36). Die edle Ruhe
des Gottesmannes, die Aufregung und Sorge der Angehörigen dieser
Ünglücklichen, die lebendig abgestufte Theilnahme des Volkes sind
trefflich ausgesprochen, wenn auch in der Üomposition eine gewisse
Absichtlichkeit den unbefangenen Eindruck etwas stört.
Als diese Bilder aufgedeckt wurden, trugen sie dem Künstler so
viel Anerkennung ein, dass er mit gehobener Zuversicht an die weitere
Vollendung ging. Er malte im vierten Bilde den Tod des Heiligen
und die durch die Wunderkraft der Leiche herbeigeführte Erweckung
eines todten Knaben. In naiver Weise sieht man diesen zwiefach dar-
gestellt, wie er entseelt am Boden liegt und daneben neu belebt sich
aufrichtet. Die Composition des Bildes greift auf verwandte Dar-
stellungen Fra lä"ilippo's und Domenico Ghirlandajds zurück. Man
sieht vor einer mit schwerer dorischer Architektur eingefassten Nische
den Heiligen auf einer Bahre ausgestreckt, von theilnehmenden Mön-
chen und andern Zuschauern umgeben, in welchen sich die Abstufung
der Empfindungen ergreifend wahr und innig ausspricht. Am schönsten
in dem alten Ordensbruder, der sich zum Todten herabneigt, um seine
Hände zu küssen. Vor den Pfeilern der Halle stehen noch einige
Zuschauer, die in wirksamer Weise die Composition einrahmen, da-
runter besonders schön zur Rechten ein jüngerer Mann, der still, wie
in Betrachtung versunken, vor sich niederblickt, nach Vasarfs Zeug-
niss Girolamo della Robbia, ein Freund des Künstlers. (Die schöne,
in Rothstift ausgeführte Modellstudie zu dieser edlen Gestalt im Louvre,
Br. 124.) Andrea hat in dieser einfach edlen Composition die früheren
Darstellungen ähnlicher Vorgänge auf eine neue höhere Stufe gehoben.
Kaum minder bedeutend ist das letzte Bild dieser Reihe, die Heilung
kranker Kinder durch die Gewänder des Heiligen. Man blickt in den
Chor einer Kirche, wo auf erhöhten Stufen vor dem Altar der Priester
steht, im Begriff, die Reliquie einem durch eine ältere Frau ihm zu-
geführten Kinde aufzulegen. Daneben kniet ein schönes, jüngeres
Weib, welches etwas theilnahmlos aus dem Bilde herausblickt. Schöne
Gruppen von Frauen mit Kindern und von andächtig zuschauenden
Männern schliessen sich zu beiden Seiten an, und auch hier bilden zwei
prächtige Gewandtiguren, von denen die zur Rechten als Luca della
Robbia bezeichnet wird, das Ganze wirksam ein. Seitwärts nahet der
alte Andrea della Robbia, gebeugt und auf den Stab gestützt; gegen-