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Buch.
Kapitel.
Florentiner.
übrigen
Die
im J. 1487 in Gualfonda geboren, kam aber schon 1494 in dem zarten
Alter von sieben Jahren zu einem Goldschmied in die Lehre. Allein
seine Neigung zur Malerei war so gross und regte sich so früh, dass
er bald in die Werkstatt eines Meisters Gian Barile überging, der
freilich so untergeordnet in seinem Beruf war, dass der Kleine nicht
viel bei ihm gewinnen konnte. Als der Knabe elf Jahre alt war,
empfahl sein braver Meister ihn an Pier di Cosimo, Welcher bald die
seltene und frühe Begabung Andrea's erkannte und nicht bloss in der
Werkstatt zu verwenden wusste, sondern ihm auch freie Zeit liess, um
in der Cappella Brancacci und vor den Kartonen Lionardds und
Michelangelds zu studiren. Bald war darüber kein Zweifel, dass unter
allen Kunstgenossen, welche sich dort versammelten, er der talent-
vollste sei. Hier schloss er eine innige Freundschaft mit Francia
Bigio, die bald zur Geschäfts- und Ateliergemeinschaft führen sollte.
Schon vor 1510 scheint der noch jugendliche Andrea die ersten öffent-
lichen Aufträge erhalten zu haben, wenn in der 'l'hat die Taufe Christi
und die Predigt Johannis in der Vorhalle der Kirche dello Scalzo in
diese frühe Zeit gehören. Sicher ist, dass er im Jahre 1510 durch
einen schlauen Ordensbruder, der ihm das Ehrenvolle einer solchen
öffentlichen Arbeit vorstellte, sich bestimmen liess, gegen das äusserst
geringe Honorar von zehn. Scudi für jedes Bild, den von Alesso Bal-
dovinetti und Cosimo Rosselli begonnenen Freskencyklus in der Vor-
halle der Annunziata zu vollenden. Es galt die Darstellungen aus
dem Leben eines florentiner Localheiligen, des Philippus Benizzi, weiter-
zuführen. Zuerst malte er hier, wie der Heilige auf einer Pilger-fahrt
in der Nähe von Siena einen nackten Aussätzigen bekleidet, indem er
sein eigenes Untergewand auszieht. In einer felsigen Landschaft sieht
man den Vorgang in vier verschiedenen Scenen entwickelt, wobei diese
alterthümliche Darstellungsweise noch eine gewisse Gebundenheit des
Künstlers verräth, während das tüchtige Studium des Nackten, die würde-
volle Auffassung des Heiligen und der ihn begleitenden beiden Mönche,
die ausdrucksvolle Lebendigkeit der Bewegungen den Geist einer neuen
Zeit verrathen. Das zweite Bild schildert, wie der Heilige eine Gruppe
von Gaunern und Soldaten unterwegs beim Kartenspiel betrifft und
von ihnen wegen seiner Ermahnungen verspottet wird, wie dann aber
ein Blitz herabfährt, zwei von den Üebelthätern erschlägt und die
Uebrigen in die Flucht jagt. Hier ist das Momentane der Bewegungen,
der Ausdruck von Schreck und. Entsetzen trefflich wiedergegeben, und
man erkennt das Studium der Kartone Lionardds und Michelangelds.