Volltext: Geschichte der Italienischen Malerei vom vierten bis ins sechzehnte Jahrhundert (Bd. 2)

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Buch  
Kapitel. 
Die übrigen Florentiner. 
Gestalten, der h. Ottilia und des Sebastian, ist besonders der Letztere 
von edelstem Ausdruck bei vollkommener malerischer Durchbildung 
in einem duftig versohmolzenen Tone, der an Andrea del Sarto 
erinnert. 
Der etwas wunderliche und unruhige Künstler scheint bisweilen 
von der Kritik seiner wegen ihrer scharfen Zunge bekannten Lands- 
leute gelitten zu haben. Er beschloss daher, der Malerei zu entsagen 
und errichtete einen Gasthof vor der Porta di S. Gallo und ein Speise- 
haus bei Ponte vecchio, indem er sagte, er habe eine Kunst erwählt, 
bei welcher es weder Muskeln, noch Verkürzungen, noch Perspektive, 
und was mehr sage, keinen Tadel gebe. Er hielt indess bei dem 
neuen Beruf nur kurze Zeit aus und kehrte bald zur Malerei zurück. 
In seiner späteren Zeit machte er eine Reise nach Rom, wobei er in 
Viterbo ein jetzt nicht mehr vorhandenes, von Fra Bartolommeo be- 
gonnenes Bild vollendete. Der Ausflug bekam ihm aber schlecht und 
er verfiel unterwegs in solches Siechthum, dass er sich auf einer Bahre 
nach Florenz zurücktragen lassen musste, wo er bald nach der Heim- 
kehr am 5. November 1515 starb. 
Aus Mariotto's Werkstatt gingen mehrere wackere Künstler her- 
vor, unter denen Francia Bigio die erste Stelle einnimmt. Francesco 
di Cristofano, wie sein eigentlicher Name lautet, wurde 1482 in Florenz 
geboren und lernte zuerst die Kunst bei Albertinelli, wusste jedoch 
bald durch fleissiges Studium vor den Werken MasaccioÄs und bei 
den Kartons von Lionardo und Michelangelo sich eine freiere Auf- 
fassung zu erwerben. Bestimmend wirkte sodann die glänzende Be- 
gabung des um fünf Jahre jüngeren Andrea del Sarto auf ihn ein, 
mit dem er sogar nachmals vorübergehend sich zu gemeinsamer Thatig- 
keit verband. Francia Bigio ist einer von den Künstlern zweiten 
Ranges, an denen man deutlich die Kreuzung der verschiedenen Ein- 
flüsse erkennt, welche damals das ilorentinische Kunstleben bewegten. 
Wie ernst er es mit seiner Ausbildung nahm, und wie hoch er sein 
von Haus aus massiges Talent durch Wetteifer mit den Besten seiner 
Zeit zu steigern wusste, erkennt man daraus, dass mehrere seiner 
Werke dem Andrea del Sarto, einige sogar dem Rafael zugeschrieben 
wurden. Vasari bezeugt, mit welchem Fleiss er besonders die Ana- 
tomie studirt habe. Sein Hauptwerk ist das Fresko der Vermählung 
Maria, welches er im Jahr 1513 im Wetteifer mit seinem ebendort 
beschäftigten Freunde Andrea in der Vorhalle der Annunziata aus- 
führte. Vor einem römischen Prachtgebäude, das mit Reliefs geschmückt
	        
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