172
III.
Buch.
Kapitel.
übrigen Florentiner.
Die
Aus dem Jahre 1506 besitzt die Galerie des Louvre ein aus
der Kirche Sta. Trinita stammendes Bild der Madonna, welche von
den Heiligen Hieronymus und Zenobius verehrt wird, eine Composition
voll Adel und Würde, die Madonna namentlich grossartig und frei
in der Bewegung. Aber das Kolorit hat gelitten, so dass das Bild
auffallend kühl erscheint und mit den schillernden, in's Violette und
Röthliche spielenden Gewändern nicht erfreulich wirkt. Aus demselben
Jahre stammt das Fresko des Gekreuzigten mit Maria Magdalena und
Johannes in der Certosa zu Florenz, ein Werk von ergreifender
Innigkeit des Ausdrucks. Eine einfache Composition der Madonna.
mit dem vor ihr auf einer Brüstung stehenden Christuskind und dem
kleinen Johannes vom Jahr 1509 sieht man im Fitzwilliam-Museum
zu Cambridge, eine throneude Madonna mit vier Heiligen, etwa aus
derselben Zeit und mit dem Namen des Künstlers bezeichnet, eine
tüchtige Arbeit von kräftiger und harmonischer Farbe, in der Akademie
zu Florenz. Von grossartigein Aufbau und bedeutender Wirkung
ist ebendort die auf Goldgrund gemalte, aus dem Kloster S. Giuliano
stammende Dreieinigkeit (Fig. 35), ein treffliches Werk, dessen weiches,
tiefes Kolorit zwischen Fra Bartolommeo und Andrea del Sarto steht.
In der Auffassung folgt er dem alterthümlichen Motiv, nach welchem
Gott-Vater mit ausgebreiteten Armen den am Kreuze hängenden Christus
hält, Von besonderer Feinheit und fast rafaelischer Schönheit sind
die beigegebenen Engel. Von ähnlicher Auffassung zeugt ein Rund-
bild im MUSEUM zu Berlin; ebenfalls voll edler Empfindung, dabei
von köstlichem Schmelz der Farbe. Üeberaus edel ist sodann die
Verkündigung vom Jahre 1510, welche aus St. Zanobi in die Akademie
von Florenz gelangt ist, ein grosses Hauptwerk des Meisters von
prächtiger Fßrbßnwirkllng, die nur in den oberen Theilen etwas ein-
gebüsst hat; in der Anordnung übrigens nicht frei von gesuchter
Wirkung.
Eins seiner feinsten Werke war ohne Zweifel die Krönung
Maria, von, welcher die oberen Theile des im Halbkreis abgeschlossenen
Bildes in die Galerie von Stuttgart gelangt sind. Mit demuthvoller
Innigkeit neigt sich die Madonna vor ihrem Sohne, während liebliche
Engel mit Blumen in den Händen die Gruppe umgeben. Das un-
vollendete Bild zeigt im edlen Typus der Köpfe, in der breiten, sicheren
Zeichnung und der flüssigen, freien Malerei mit ihren weichen Tönen,
dem grünlichen Schatten des rosigen Fleisches solche Verwandtschaft
mit Fra Bartolommeo, dass man diesem das Werk zugeschrieben hat.