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Buch.
IV. Kapitel.
Florentiner.
Die übrigen
der vollkommenen Schönheit und Würde der Gestalten den edelsten
Schöpfungen der goldenen Zeit ebenbürtig. Die Rothstiftstudien zum
Bartholomaus bewahrt die Sammlung der Uffizien (Br. 77). Das Motiv
dieser schönen Figur kehrt mit geringer Abänderung auf dem Stadthaus-
bilde wieder. Ebenda (B1n1O7) der Kopf der Katharina von Alexan-
drien, eine köstliche Kohlenzeichnung.
Aus derselben Zeit wird das grosse Bild der Himmelfahrt Maria
im Museum zu Berlin stammen, das in dem schönen Aufbau und der
kraftvollen Entwicklung der Formen die freie Meisterschaft verräth.
Der obere Theil scheint von Mariotto, und hier verilaoht sich im Kopfe
der Madonna der edle Typus des Frate zu einer gewissen gleichgültigen
Leere; dagegen sind die das Grab umstehenden Apostel von edler
Lebendigkeit. Der besten Zeit Fra Bartolommeds gehört dann, wie
es scheint, das Altarbild im Dom zu Besancon, welches die auf ihrem
Throne von Engeln emporgetragene Madonna darstellt, unten von fünf
Heiligen und dem Stifter des Bildes, Johann von Carondelet, Erzbischof
von Palermo, verehrt.
Auf gleicher Höhe steht sodann die h. Familie, welche unter
dem Schutze der Dreieinigkeit von den zehn Patronatsheiligen der
Stadt Florenz umgeben ist, in der Galerie der Uffizien, wiederum
ein Bild, das in der vollendeten Grösse und köstlichen Freiheit der
Composition eines Rafael würdig ist. (Fig. 31.) Für den Rathssaal
des Palazzo Veochio bestimmt, blieb es unvollendet und zeigt in der
braunen Untermalung, wie sehr das technische Verfahren des Künstlers
durch das Vorbild Lionardo's bestimmt ward.
Von der Sorgfalt, mit welcher der Künstler dieses Hauptwerk
vorbereitet hat, das nebst den Schlachtbildern Lionardds und Michel-
angelds den Regierungspalast seiner Vaterstadt verherrlichen sollte,
giebt eine Reihe von Studienblattern in den UffizienZeugniss. Zuerst
entwarf er (Br. 53) eine Zeichnung mit nackten Figuren für das ganze
Bild, auf welcher freilich die oberen Theile fehlen. Man sieht die
Madonna (Fig. 32) auf einem Stufenbau thronen, hinter ihr, sie etwas
überragend, die h. Anna mit der Geberde innigen Flehens. Zu beiden
Seiten ordnen sich in freier Gruppirung die Patrone der Stadt; an den
Füssen des Thrones sitzen zwei musizirende Engel; der kleine Johannes
aber schreitet die Stufen hinauf und wird von dem Christuskinde mit
lebhafter Freude empfangen. Zur Madonna hat der Frate sodann eine
Reihe von herrlichen Rothstiftzeichnungen nach dem nackten Modell
entworfen, indem er dieselbe sich bald nach rechts, bald nach links