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Buch.
Kapitel.
Die übrigen Florentiner.
oberen Theile, etwas härter in der Färbung, scheinen die Mitwirkung
Mariotto's zu verrathen. Die Kohlenstudie zu Gottvater beßndet sich
in den Üffizien (Br. 73) und ebendort die sorgfältige Federzeichnung
zu derselben Gestalt sammt den sie umgebenden Engeln (Br. 114).
Letztere ist offenbar der erste Entwurf, während in dem andern Blatt
uns eine Naturstildie für Richtigstellung der Körperverhältnisse vorliegt.
Weitere Studienblätter zu Weimar.
Der Glanz des Kolorits in diesen Bildern, deren Technik am
meisten an Lionardo erinnert, darf wohl auf den Einfluss der vene-
zianischen Kunst zurückgeführt werden, welche Fra Bartolommeo bei
einem Besuch im Jahr 1508 kennen gelernt hatte. Das letzterwahnte
Bild war ihm bei dieser Gelegenheit für das Kloster S. Pietro Martire
auf Murano bestellt worden, blieb aber in seiner Werkstatt, da die
Geschäftsträgei- der Besteller sich über den Preis mit den Mönchen
von SpMarco nicht zu einigen vermochten. Um dieselbe Zeit entstand
eine thronende Madonna mit vier Heiligen in S. Marco, höchst be-
deutend und kraftvoll in warmem, tiefem Kolorit; sodann im Jahre
1511 das im Louvre befindliche Altarbild der Verlobung der h. Katha-
rina, mit den h. Petrus, Bartholomäus, Vinzenz, Franziskus und Do-
minikus, herrlich im Aufbau, frisch und blühend im Kolorit, bei klarem
Helldunkel, meisterlich in der Entwicklung der Charaktere und dem
rhythmischen Zusammenklang der Bewegungen, die Madonna nament-
lich von rafaelischer Anmuth mit dem reizend bewegten Kinde, ganz
köstlich die drei schwebenden Engel, von denen der eine in goldigem
Helldunkel durchgeführt ist. Das Werk tragt die Namensunterschrift
des Meisters: Bartholome. Floren. und die Ordensbezeichnung: or (dinis)
prae(dicatorum). Eine gleichzeitige Kopie des Bildes befindet sich in
der Akademie zu Florenz.
Aus demselben Jahre stammt die thronende Madonna mit den
Apostelfürsten Petrus und Paulus in Sta. Caterina zu Pisa, ein Werk
voll Würde, bei welchem übrigens die Mitwirkung Mariotto's bezeugt
und durch das oben erwähnte Doppelmonogramm bestätigt ist. Das-
selbe Zeichen, verbunden mit den Namen beider Künstler (Fris Bartho.
or. p. et Mariotti Florentinoi. opus), kommt auf einer Darstellung der
Verkündigung vom Jahre 1511 in Ste. Madeleine zu Genf vor. Daher
ist es denn auch völlig willkürlich, wenn ein Bild im Belvedere zu
Wien von dem Katalogder Sammlung sowie von Crowe und Caval-
caselle dem Fra Paolino da Pistoja zugesprochen wird. Es ist eine
thronende Madonna mit dem Kinde zwischen sechs Heiligen vom Jahre