Bartolommeo.
Fra
Jüngstes Gericht.
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Auftrag erhielt, im Klosterhofe von Sta. Maria Nuova das Jüngste
Gericht in Fresko zu malen, mag er, noch erschüttert von jener tra-
gischen Katastrophe, mit verdoppelter Kraft religiöser Empfindung
dies ergreifende Thema aufgefasst haben. Das leider durch schwere
Unbill der Witterung arg beschädigte, zum Theil sogar zerstörte Werk
nimmt eine hervorragende Stellung in der Kunstgeschichte ein, denn
es bildet die Brücke zwischen Ghirlandajo und Rafael, indem es von
der feierlichen aber noch gebundenen architektonischen Anordnung des
Ersteren zu der vollendeten Freiheit und Grossartigkeit der Disputa
hinüberleitet.
Das im Halbkreis abschliessende Bild zeigt oben in der Mitte
den auf Wolken thronenden, von einem Kranz geflügelter Seraphköpfe
umgebenen Weltrichter, eine feierliche Gestalt in grossartiger Gewan-
dung. Die Linke legt er auf die Wunde in seiner Brust, Während er
die Rechte hoch erhebt, um das Wundmaal zu zeigen. Recht im Gegen-
satz zur Feierlichkeit dieses Gcstus lauscht ein kleiner Engel unter
den Falten des Mantels hervor, während drei andre wie im Spiel die
Passionswerkzeuge, Zange, Hammer und Nägel halten. Zu beiden
Seiten schliessen sich, wie in der Chornische einer Kirche sitzend, die
Apostel an, denen die Madonna beigesellt ist. Dieser herrliche Reigen
edler Gestalten voll Würde und Schönheit ist der Keim, aus welchem
später Rafaehs Dispute. hervorwuchs. Das Centrum des Bildes nehmen
die Engel des Gerichtes ein, in der Mitte ein etwas steif auf Wolken
ausschreitender, der sich gar zu schwerfällig mit Kreuz und Lanze
schleppt. Von ihm aus schwebt nach jeder Seite ein mächtig in die
Posaune stossender Engel. Unten auf der Erde steht in der Mitte die
glänzende Rittergestalt St. Michael's, der mit erhobenem Schwert und
gebieterischer Handbewegung einen in's Knie gesunkenen nackten
Jüngling, der sich zu den Seligen gesellt hat, auf die Seite der Ver-
dammten weist. Diese nackte Gestalt bildet einen herrlichen Gegen-
satz zu der stillen Feierlichkeit der grossartig drapirten Heiligen und
Seligen dieser Seite. Ebenso sieht man auf der Seite der Verdammten
zwischen den mit allen Zeichen der Verzweiflung sich leidenschaftlich
geberdenden nackten Verdammten eine Gewandiigur, die mit innig
ilehendem Aufblick auf die Huld des ewigen Richters zu hoffen scheint.
So wird das Bild in der grossartigcn Architektonik seiner Anordnung
der Feierlichkeit des Gegenstandes gerecht und verbindet damit zu-
gleich so viel Züge leidenschaftlicher Dramatik, als sich mit dieser
Auffassung irgend vertragen. Im Wurf der Gewänder und in der