156
Buch.
Kapitel.
Die übrigen Florentiner.
110), im Britischen Museum (Br. 2 und 3) und im Louvre (Br. 30).
Ferner treffen wir eine Krönung der Madonna in letzterer Sammlung
(Br, 28) und eine Himmelfahrt derselben in den Uffizien (Br. 112),
sowie eine Beschneidung ebendort (Br. 113), und endlich eine reiche
Composition der Himmelfahrt Christi (Br. 111), in welcher iiorentinische
und perugineske Elemente sich mischen. Hier wie in den übrigen
Blättern dieser Epoche treten die Engel in jener dem 15. Jahrhundert
geläufigen Gestalt von Jungfrauen auf, die mit Hatternden, nach antiker
Weise geschürzten und gebauschten Gewändern bekleidet sind. Bald
darauf geht dann Baccio zu jenen reizenden nackten Kindern über,
als welche die Engel in den Schöpfungen der freien Kunst des Cinque-
cento erscheinen.
In anderen Blättern erkennt man, wie der Künstler sich zu einem
freieren Stil herausarbeitet, der besonders durch Vereinfachung des
Faltenwurfs und grössere Auffassung der Form an den Einfiuss Lio-
nardo's erinnert. Den Uebergang zu dieser Umwandlung bezeichnet
eine Composition der h. Familie im Louvre (Br. 32); noch etwas ent-
wickelter ebendort die Verlobung der h. Katharina (Br. 29). In der
That war damals von grösster Bedeutung für seine Entwicklung Lio-
nardo, der zwar schon früh Florenz verlassen hatte, aber durch seine
tiefen Studien für die Vollendung der malerischen Technik und seinen
idealen Sohönheitssinn eine Richtung eingeschlagen hatte, welcher sich
Baccio innerlich verwandt fühlte. Das duftig Weiche und zart Ver-
schmolzene des Kolorits, welches Lionardo zuerst in die Malerei ein-
geführt, ist von keinem gleichzeitigen Künstler so früh und mit solchem
Erfolge aufgenommen worden, wie von Fra Bartolommeo. Nicht min-
der erkennt man in dem zarten Liebreiz seiner Frauenköpfe bei den
Werken dieser früheren Zeit den Einfluss Lionard0's.
In diese Jugendjahre des Künstlers fiel das Auftreten Savonarola's,
der so mächtig auch auf die reine Seele Baccio's wirkte, dass er in
einem noch vorhandenen Bildniss die grob plebejischen Züge des leiden-
schaftlichen Bussepredigers verewigte und bei dem Volkssturm auf das
Kloster S. Marco (1498) mit Gefahr seines Lebens sich den Verthei-
digern des Mönches anschloss. In jenen angstvollen Augenblicken that
er das Gelübde, wenn er mit dem Leben davonkäme, in den Domini-
kanerorden zu treten, Vorher schon hatte er zu denjenigen Künstlern
gehört, welche in Folge der Bussepredigten Savonarola's eine Menge
von Studienblättern, besonders Studien nach dem nackten Modell, den
Flammen opferten. Als nach der Hinrichtung des Mönchs Baccio den