Verhältnisse
Aeussere
Sebastian
Piombds.
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durch die vollendeten Schöpfungen eines Palma und Tizian sich ko-
loristisch neu erfrischte. Das Ergebniss dieser Einflüsse ist jenes Por-
trät des Andrea Doria. Damals schloss er auch Freundschaft mit
Sansovino und Tizian, den beiden Beherrschern und Führern der ve-
nezianischen Kunst; auch das Porträt Aretino's, mit dem er schon in
Rom bekannt geworden war, entstand in dieser Zeit. Im Jahre 1529
finden wir Sebastiano wieder in Rom, und bald darauf (1531) gelang
es ihm endlich, das Ziel seines Strebens, einen bequemen Ruheposten,
zu erlangen. Er erhielt durch Clemens VII. das Amt des Piombo,
welches ihn lediglich verpflichtete, die päpstlichen Bullen mit dem
Bleisiegel zu versehen. Diese Sinecure warf ihm ein jährliches Ein-
kommen von achthundert Scudi ab, wovon er freilich dreihundert an
Giovanni da Udine abgeben musste. Von seiner Gesinnung legt ein
Brief an Aretino Zeugniss ab, wo es unter Anderm heisst: „Ich bin
jetzt gläubig, ganz gläubig, und dies eben ist die Frucht meines Glau-
bens. Saget- dem Sansovino, in Rom gäbe es Aemter, Bleibullen,
Hüte und andre Dinge zu angeln." Und in einem andern Briefe
heisst es: "Nun, da ich mein Auskommen habe, will ich auch nichts
mehr thun, denn jetzt hat die Welt Genie's genug, welche in zwei
Monaten leisten, wozu ich zwei Jahre brauche." Der beste Charakter-
zug an Sebastiano ist seine treue Anhänglichkeit an Michelangelo, die
nicht bloss in zahlreichen Briefen, sondern auch in der Sorgfalt, mit
der er sich der Angelegenheiten desselben, namentlich bei der schliess-
liehen Ordnung des Juliusdenkmals, annahm. Doch erhielt die Freund-
schaft einen Riss, als Sebastiano den Kalkbewurf für das Jüngste Gericht
herstellen liess und dabei von der Voraussetzung ausging, Michelangelo
werde sich bestimmen lassen, das Werk in Oel auf die Wand zu malen
und ihn dabei zur Mitwirkung heranzuziehen. Aus den späteren Lebens-
jahren Sebastiands notiren wir noch, dass er Katharina von Medici und
Giulia Gonzaga, die Geliebte des Kardinals Ippolito de' Medici, zu malen
hatte. Letzteres Bild ist vielleicht in dem Porträt der StadePschen
Sammlung zu erkennen. Auch Papst Paul III. liess sich von dem Meister
malen, bot aber, als er Tizian kennen lernte, diesem das Bleiamt an,
wenn er sich entschliessen könne, nach Rom zu ziehen. Es war ein
Glück für Sebastiano, dass der grosse Künstler ehrenhaft genug dachte,
dies Anerbieten auszuschlagen. Sebastiano genoss noch bis 1547 seine
Sinecure, und als er im Juni dieses Jahres von einem Fieber hingeraflt
ward, wurde er in Sta. Maria del Popolo bestattet.