Kreuzahnahme
Danielefs
und
Werk e,
andere
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verklärten Ausdruck des herrlichen Kopfes, die ebenfalls sehr maassvolle
Muskulatur der Männergestalten in ihren nakten Theilen, Bewegung,
Ausdruck, Stil und Faltenwurf der Gewänder, und besonders noch bei
den Frauen der feine Geschmack in der Anordnung des_ Haares, das
Alles sind Einwirkungen des rafaelischen Geistes, dem dies herrliche
Bild ebenbürtig erscheint. Ursprünglich für die Kreuzeskapeller der
erwähnten Kirche ausgeführt, befindet sich das Gemälde jetzt stark
restaurirt in der zweiten Kapelle des linken Seitenschiffs. Die von
Daniele noch hinzugefügten Fresken aus der Geschichte des h. Kreuzes
sind durch gewaltsame Beschädigung untergegangen.
Zu gleicher Höhe hat sich Daniele nicht Wieder erhoben; wenn
jenes Hauptwerk unter der glücklichen Inspiration rafaelischer Kunst
entstanden war, so verrathen andere Arbeiten den minder günstigen
Einfluss Michelangelds. S0 besonders die grosse auf beiden Seiten
bemalte Tafel, Welche er für den Florentiner Giovanni della Casa
ausführte, jetzt in der Galerie des Louvre, wo das Werk früher den
Namen des Michelangelo trug. Es stellt den jugendlichen David dar,
der dem von ihm niedergeworfenen Goliath den Kopf vom Rumpfe
trennt. Der Künstler hatte zuerst die Composition in Thon modelliren
und sodann dieselbe von den beiden entgegengesetzten Seiten auf seiner
Tafel darstellen müssen. Es ist das einer jener Versuche, wie sie uns
in der damaligen italienischen Kunst öfter begegnen, die Malerei in
Vvettkampf mit der Skulptur treten zu lassen. Denn bei der damals
leidenschaftlich erörterten Frage, welcher von den beiden Künsten der
Vorrang gebühre, wurde in erster Linie die Allseitigkeit des plastischen
Werkes geltend gemacht, worauf dann die Maler mit Hülfe von Spie-
geln und dergleichen die Fähigkeit ihrer Kunst_ betonten, in demselben
Bilde ebenfalls verschiedene Ansichten einer Gestalt geben zu können.
Daniele hat nun hier die beiden Seiten seiner Tafel dazu benutzt.
Seine Complosition ist bedeutend, voll Geist, Feuer und Leben, die
Muskulatur und die Zeichnung der Gestalten erinnern entschieden an
Michelangelo, doch ohne in Manier und Üebertreibung zu verfallen.
Dagegen fehlt dem Kolorit jeder malerische Reiz, vielmehr zeigt es
jene trocknen, saftlosen, freskoartigen Töne, die für Michelangelo
charakteristisch sind. Für seine Vaterstadt Volterra malte Daniele
dann das kleine Bild des Kindermords, welches man jetzt in der Galerie
der Üffizien sieht. Es ist eine figurenreiche Composition, von grosser
Sorgfalt ja Zierlichkeit der Ausführung, in dem Gewaltsamen der
Motive und dem leidenschaftlichen Ausdruck wieder an Michelangelo