Volltext: Geschichte der Italienischen Malerei vom vierten bis ins sechzehnte Jahrhundert (Bd. 2)

Handzeichnungemu 
ßlichelangekfs 
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darstellt, wie sie in rasendem Laufe einer durch einen Schild ge- 
schützten Herme zustürzen, nachdem sie auf dieselbe ihre Pfeile 
abgeschossen haben. Diese aus Lucian geschöpfte Allegorie wurde 
nachmals von Schülern Rafaelfs für die sogenannte Villa des Meisters 
ausgeführt; nach Zerstörung des Gebäudes (1849) gelangte das Freskc 
in die Galerie Borghese. Dass Michelangelo solchen Zeichnungen oft 
die grösste Liebe zuwandte, erkennt man aus der Vollkommenheit, mit 
welcher diese Blätter durchgeführt sind. 
Mehrfach hat sich Michelangelo sodann, namentlich in seiner 
späteren Zeit, mit dem ergreifenden Thema des von den Seinigen be- 
trauerten todten Christus beschäftigt; nicht bloss in den plastischen 
Gruppen der Pieta und jener grösseren unvollendet gebliebenen im 
Dom zu Florenz, sondern in einigen Handzeichnungen lassen sich diese 
Studien verfolgen. So besitzt das Louvre eine herrliche Kohlen- 
zeichnung (Br.  die den halbaufgerichteten Oberkörper Christi mit 
zurückgesunkenem Haupt und matt herabhängenden Armen!  zum 
rechten Arm noch zwei Varianten auf demselben Blatt  zeigt. Eine 
Rothstiftzeichnung der Alb ertina (Br. 28), WO der todte Christus 
aufrecht sitzend dargestellt ist, als Mittelpunkt einer nur angedeuteten 
Gruppe der ihn haltenden Freunde, steht mit jener Zeichnung in nahem 
Zusammenhange, denn hier hat der rechte Arm die auf jenem Blattc 
skizzirte Haltung. Uebrigens erscheint die Originalität dieser Zeichnung 
keineswegs unzweifelhaft. Das von dem Meister für Vittoria Colonna 
eigenhändig ausgeführte Bild einer Pieta, wo die Arme Christi von 
zwei klagenden Engeln gehalten wurden, ist nicht mehr nachzuweisen. 
Dagegen besitzt die Sammlung zu Oxford (Br. 77) eine herrliche 
Rothstiftzeichnung der Kreuzabnahme voll ergreifender Dramatik. Das 
halb untermalte Bild einer Grablegung in der Nationalgalerie zu Lon- 
don geht in der Hauptgruppe wohl auf einen Entwurf Michelangelds 
zurück, ist aber nur das Werk eines eklektischen Nachahmers. 
Nicht minder eingehend befasste er sich mit einem anderen be- 
deutenden Gegenstande der Passion: der Darstellung des leidenden 
Christus am Kreuze. Auch hier geht er auf die tiefste, erschütterndste 
Gestaltung aus, und so entsteht jene ergreifende Schilderung des von 
Qualen zerrissenen Schmerzensma-nnes, der in Todesschweiss gebadet, 
die halbgebrochenen Augen zum Himmel wendet , als ersehne er von 
dort das Ende Seiner Leiden, während das Stöhnen der Todesangst 
die Lippen zur Klage öffnet. So in einer offenbar nach dem Original 
des Meisters entstandenen Zeichnung zu Oxford (Br. 84), wo zu bei-
	        
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