Volltext: Geschichte der Italienischen Malerei vom vierten bis ins sechzehnte Jahrhundert (Bd. 2)

Verhävltniss 
Vittoria 
Golonna 
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kennen lernte, stand er im dreiundseclizigsten, Vittoria im achtund- 
vierzigsten Lebensjahre. Es war ein rein geistiges Band, welches diese 
beiden innerlich verwandten, ideal gestimmten Naturen verknüpfte. 
In Miehelangelds Wesen, wie in dem ihrigen, herrschte jener hohe 
Platonismus vor, den er in seiner Jugendzeit in der Akademie zu 
Florenz in sieh aufgenommen hatte. Schon früh wandte der grosse 
Meister sich mit voller Ausschliessliehkeit den. gewaltigen künstlerischen 
Unternehmungen zu, welche sein Leben völlig ausfüllten. Wenn in 
jüngeren Jahren die Liebe ihm nahegetreten ist, so lassen seine Gedichte 
uns nirgends die Empfindung beglüekten und beglückenden Genusses 
ahnen; wohl aber sprechen sie in feurigen Schilderungen von den 
Schmerzen dieser Leidenschaft, von der verzehrenden Qual der Sehn- 
sucht. So heisst es einmal (ich citire die schöne Üehersetzung von 
Sophie Hasenelever): 
Flieht Liebende den Amor, flieht den Brand, 
Die Gluth ist furchtbar, tödtlich ist die Wunde, 
Auch nützt die Flucht nur in der ersten Stunde, 
Sonst hilft nicht Trennung, Kraft. nicht noch Verstand. 
Ein bestimmtes schrnerzliches Erlebniss ahnen wir in einem anderen 
Bruchstücke : 
Hier war's wo ich mit ihrer Huld verloren 
Mein Herz und Leben, wo sie Heil versprach 
Mit ihren schönen Augen und mir, ach! 
Durch diese nahm, was sie mir still geschworen 
Hier schlang, hier löste sie das Band dem Thoren, 
Von diesem Stein sah ich ihr weinend nach, 
Als sie entschwand, um die das Herz mir brach. 
Die mich mir nahm, und doch mich nicht erkoren. 
Freilich wissen wir bei dem verschlossenen Wesen des Meisters 
nichts von einem Liebesverhältniss desselben. Der Kampf um Seine 
künstlerischen Ideale, die schmerzlichen Enttäuschungen, an denen Sein 
Leben so reich war, reiften in seiner ernsten Natur früh schon den 
Geist der Entsagung, und als er auf der Schwelle des Greisenalters 
Vittoria kennen lernte, hatte das Schicksal den sittlichen Kern seiner 
Natur zu edler Resignation geläutert. S0 musste wohl innige Sympathie 
ihn an jene hohe "Frau knüpfen, die ebenfalls durch Leiden früh ge- 
reift und zu milder Resignation gelangt war. Ergreifend schön spricht 
er selbst dies Verhältniss aus:
	        
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