Volltext: Geschichte der Italienischen Malerei vom vierten bis ins sechzehnte Jahrhundert (Bd. 2)

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Buch 
KRP 
Michelangelo 
Buona: 
tonen des lediglich Heroischen und Herkulischen vernichtet wird. 
Dreimal hatte Michelangelo durch grosse Schöpfungen der Malerei die 
Welt zur Bewunderung und Nacheiferung hingerissen: durch den 
Horentiner Karton, durch die Decke der sixtinischen Kapelle, durch 
das Jüngste Gericht. Ist letzteres an malerischer, oder vielmehr 
plastischer Gewalt unvergleichlich, so stehen die Deckenbilder an innerer 
Erhabenheit unbedingt höher. Man darf sagen: die Decke der Sixtina 
verhält sich zum Jüngsten Gericht etwa wie die Giebelskulpturen des 
Parthenon zum Laokoon. 
Nach Vollendung dieses Riesenwerkes wusste Paul III. den Meister 
abermals zu einem Werk der Malerei zu bestimmen: den beiden Fresken 
in der von diesem Papst erbauten Cappella Paolina des Vatikans. 
Er stellte hier die Kreuzigung Petri und die Bekehrung des Saul dar, 
und vollendete diese Arbeiten 1549. Die Darstellung des mit dem 
Kopf nach unten anls Kreuz geschlagenen Petrus, an sich schon ein 
widerwärtiger Gegenstand, bot wiederum Anlass zur Entfaltung ath- 
letischer Körperformen in äusserster Gewaltsavmkeit der Bewegungen. 
Ueber die malerische Behandlung und Wirkung der Bilder lässt sich 
nach den schweren Beschädigungen, welche dieselben erlitten haben, 
nicht mehr urtheilen. In der Bekehrung Pauli ist das Gewaltsame, 
Momentane mit unleugbarer dramatischer Kraft geschildert, und be- 
sonders die Gruppe des zu Boden hingestreckten geblendeten Saulus 
mit den im mannichfaltigsten Ausdruck von Schreck und Entsetzen ihn 
iungebenden Begleitern von hohem Werth. Auch die Gruppe zur 
Rechten variirt dasselbe Thema mit ergreifender Gewalt. Das in 
kühner Verkürzung sich bäumende, seines Reiters entledigte Pferd, 
welches die beiden Gruppen trennt, bildet an sich ein wirksames Motiv, 
wenn es auch als Mittelpunkt des ganzen Bildes nicht eben glücklich 
gewählt erscheint. Am wenigsten befriedigen die oberen Gruppen: 
Christus, der in starker Verkürzung köpflings aus dem Himmel herab- 
stürzt, entbehrt zu sehr der Würde, und die zahlreichen, ihn um- 
gebenden nackten Gestalten sind zwar wieder Beweise des grossen 
künstlerischen Wissens und Könnens, lassen aber den hier erforder- 
lichen Eindruck himmlischer Heerschaaren zu sehr vermissen. Diese 
Theile sind eben, gleichwie das Jüngste Gericht, nichts anderes als 
eine grosse gymnastische Produktion. 
In diese spätere Lebenszeit Michelangelds fällt sein Verhältniss 
zu Vittoria Colonna. Als er die durch Schönheit, Seelenadel, Hoheit 
des Geistes und innige Religiosität ausgezeichnete Frau im Jahr 1537
	        
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