Decke
Sixtina.
indfluth.
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Arche. Den Vordergrund füllt eine herrliche Gruppe von Jünglingen,
welche das Opfer bereiten. Der eine kniet auf einem am Boden lie-
genden Lamm und wendet sich zu einer Frau, um von ihr eine Opfer-
schaale zu empfangen. Ein am Boden knieender Jüngling, der dem
Beschauer den Rücken zukehrt, will offenbar Beistand leisten, während
neben ihm ein andrer mit einem zweiten Widder herbeieilt, ein dritter
auf der andern Seite Holzscheite heranträgt. Ist etwas in dieser Com-
position minder genügend, so ist es die etwas zu kurze verkümmerte
Gestalt des Patriarchen, die nicht bedeutend genug hervortritt.
Die folgende Composition ist die grösste und figurenreichste der
Reihenfolge. Sie schildert in einer Anzahl ergreifender Scenen die
Sündfluth (Fig. 19). Vorn im Bilde ragt von der Linken eine vom
Wasser noch nicht bedeckte Anhöhe empor. Auf diese hat sich eine
Gruppe von Flüchtlingen gerettet, während andere mit dem Zeichen der
Anstrengung und des Entsetzens die steile Höhe zu erklimmen suchen.
Sie sind mit allerlei in der Hast zusammengerafftem Hausrath beladen,
der Vorderste aber trägt sein Theuerstes auf dem Rücken und wirft
einen halb zornigen, halb ängstlichen Blick auf Diejenigen, Welche hier
Fuss gefasst haben, während die Frau auf seiner Schulter den ent-
setzensvollen Blick auf die trostlosen Scenen rückwärts wendet. Eine
der schönsten Gruppen ist eine junge Mutter, an welche sich ein kleiner
Knabe angstvoll schmiegt, während sie das jüngste bergend an die
Brust drückt. Daneben sieht man ein junges Paar, das sich liebevoll
umschlungen hält und in die weite Wasserwüste nach Rettung hinaus
späht. Neben ihnen ist ein Jüngling auf einen entlaubten Baum ge-
klettert und sucht mit aller Anstrengung sich noch weiter emporzu-
arbeiten. Ganz vorn liegt eine ältere verschleierte Frau, die von
Ermattung überwältigt, stumm ihr Geschick erwartet. Noch gewahrt
man einen älteren Mann hinter ihr und eine Mutter, welche ihr Kind
auf den Rücken eines Maulthiers zu setzen scheint.
Eine andere Gruppe von Unglücklichen hat an einem Felsenufer
zur Rechten unter einem Baume, über welchen ein zeltartiges Tuch
ausgebreitet ist, Zuflucht gefunden. Auch hier bemerkt man ausdrucks-
volle Gestalten und Gruppen, die schönste ohne Zweifel jener bärtige
Mann, der seinen von todtenähnlicher Ohnmacht befallenen Sohn aus
den Fluthen an's Land trägt. Von ergreifender Wahrheit ist die
schöne Jünglingsgestalt, deren Glieder schlaff und gelöst herabsinken,
während der kräftige Körper des Mannes die volle Anspannung der
Muskeln, und seine Züge den Ausdruck schmerzlicher Theilnahme ver-