Die
Gemälde
älteren
Sixtina.
der
wand endlich bringt den Abschluss in dem Streit des Erzengels Michael
über den Leichnam Mosis und in der Auferstehung Christi, mit welcher
ebenfalls die Gewalt der Hölle und des Todes gebrochen wird. Aber
auch die Altarwand zeigte ursprünglich noch zwei Bilder desselben
Cyclus, welche später dem jüngsten Gericht weichen mussten: Mosis
Findung durch Phara0's Tochter und entsprechend die Geburt Christi.
Die ebenfalls später beseitigte Himmelfahrt Maria zwischen beiden
Bildern stand für sich isolirt, da der ganze Cyclus der Kapellenfresken
der Gottesmutter nur einen vorbildlichen Platz an den Deckengemälden
einräumt. _
Diesen Parallelreihen der Wandbilder sollten die Deckengemälde
nun als Vertreter der Abtheilung „ante legem" sich zugesellen. Aber
die inzwischen frei gewordene Kunst und der Genius des grössten
Meisters grossräumiger Compositionen nahm zwar dankbar eine Aufgabe
an, die seinem innersten Wesen so sehr entsprach, durchbrach aber die
Fessel der Einzelbezüge und gab in dem gewaltigen Rhythmus dieser
Deckenbilder die freien Gebilde, die aus der Durchdringung des Stoffes
mit dem Walten einer eigenartigen Künstlerphantasie sich ergeben
sollten. Michelangelo lag damals schon nichts ferner als der Ausdruck
des Individuellen, Charakteristischen. Deshalb war ihm auch das Neue
Testament mit den ausgeprägten Charaktergestalten Christi und der
-Apostel nicht sympathisch, wie er denn mehrmals grade den Auftrag
für Apostelbilder zwar angenommen aber nie ausgeführt hat. Dagegen
waren ihm die Geschichten des alten Bundes und hier wieder die zeit-
lich entlegensten am willkommensten. Denn in dieser heroischen Vor-
zeit giebt es noch keine individuellen Schattirungen; alles trägt das
Gepräge des allgemein Menschlichen; hier konnte sich der Hang nach
dem Typischen, Idealen ungehemmt ergehen. Und wie mit den Köpfen,
so war es auch mit der Gewandung, die sich ebenfalls in voller Frei-
heit, unbeirrt von bestimmten Kulturformen gestalten liess.
Das Spiegelgewölbe, welches die Decke der Kapelle bildet, erwies
sich für Michelangelds Kunst überaus günstig, weil es seiner Erfindungs-
kraft den freiesten Spielraum bot, dieselbe durch keine architektonische
Eintheilung in Fesseln schlug. Mit voller Freiheit gliedert er. die grosse
Fläche, indem er die Linie einer idealen Architektur über sie ausspannt
(Fig. 15). Da die Kapelle an jeder Langseite sechs Fenster hat, so ergaben
sich über jedem derselben, sowie über den beiden der Eingangsseite
Schildbogenwände, über welchen Stichkappen in die Fläche des grossen
Spiegelgewölbes einschneiden. Michelangelo liess nun doppelte Pilaster