Aussöhnung
und
Zwist
mit Julius
sichern, schrieb er, dass es ein treiflicher Mann ist, in seiner Kunst
der erste in Italien, vielleicht in der ganzen Welt. Wir können ihn
nicht angelegentlich genug empfehlen. Mit freundlichen Worten und
sanfter Begegnung kann man Alles von ihm erhalten. Man muss ihm
nur Liebe und Wohlwollen zeigen und er wird Werke schaffen, die
Jedermann in Erstaunen setzen." Julius II. hatte eben nach Unter-
werfung Perugia's und Bol0gna's seine Residenz in letzterer Stadt auf-
geschlagen. Dorthin begab sich nun Michelangelo und erlangte die
Versöhnung mit dem rasch aufflammenden, aber eben so leicht zu
begütigenden Papst. Sofort trug er dem Künstler auf, seine Erzstatue
in kolossalem Maassstabe für die Facade von S. Petronio zu arbeiten.
Michelangelo, der das Metall dazu und ausserdem tausend Dukaten
erhielt, ging sogleich an die Ausführung des Thonmodells, welches über
dreifache Lebensgrösse hatte. Sechzehn Monate gingen mit Herstellung
des Modells und Ausführung des Gusses hin, der zum ersten Male
misslang und dem Künstler viele Sorgen bereitete. Als später die
Bentivogli zurückkehrten und die päpstliche Herrschaft gestürzt wurde,
zerstörte das wüthende Volk das Denkmal seines Bezwingers.
Nach Vollendung dieses Werkes kehrte Michelangelo nach Florenz
zurück, um das Gemälde im Palazzo Vecchio -in Angriff zu nehmen.
Bald jedoch wurde er durch den Papst nach Rom gefordert, wo er im
Frühjahr 1508, ungefähr gleichzeitig mit Rafael, eintraf. Auch jetzt
aber war nicht mehr die Rede von dem Grabmal; vielmehr suchte
Bramante, der seinen Landsmann Rafael für die Ausmalung der Ge-
mächer im Vatikan empfohlen hatte, den Papst zu bestimmen, Michel-
angelo die Deoke der sixtinischen Kapelle zur Ausmalung anzuvertrauen,
weil er hoffte, Michelangelo, bei seiner mangelnden Üebung in der
Freskomalerei, werde an dieser Aufgabe scheitern. Vergebens war das
Sträuben des Künstlers, vergebens sein Einwand, dass er in der Malerei
wenig bewandert sei; der Papst setzte seinen Willen durch und am
1. Mai 1508 erhielt Michelangelo als erste Ratenzahlung für seine
Arbeit fünfhundert Dukaten. Die Schwierigkeiten für ihn waren un-
gewöhnlich gross; um ihrer besser Herr zu werden, berief er mehrere
in der Freskotechnik erfahrene Künstler aus Florenz, darunter seinen
Freund Francesco Granacci und Ginliano Bugiardini. Allein da diese,
an den herkömmlichen florentiner Stil. gewöhnt, auf seine grossartigen
Formgedanken nicht einzugehen vermochten, schickte er sie bald zu-
rück und liess das Angefangene herunter schlagen. Aber auch er
selbst gelangte erst allmählig zu der vollen Grösse und Freiheit. Er