Buch.
Kapitel.
Michelangelo Buonarroti.
ibei andern Künstlern der Zeit, so auf Lionardds Anbetung der Könige.
Streng und hart ist die Modellirung, namentlich der unschön eckigen
Arme der Madonna; der lichte Temperaton bezeugt wieder, wie wenig
Michelangelo sich um die technischen Fortschritte der Zeit in der
Malerei kümmerte. Die Tafelmalerei sei eine Weiberarbeit, pflegte er
zu sagen. Weit glücklicher war er um dieselbe Zeit bei einer Marmor-
gruppe der Madonna, Welche er für die ilandrischen Kaufherren
Moscheroni bis 1506 ausgeführt hatte und die man jetzt noch in der
Liebfrauenkirche zu Brügge sieht.
Inzwischen war Lionardo in Florenz erschienen, hatte den Auftrag
für den Rathssaal erhalten und durch seinen Schlachtkarton die all-
gemeine Bewunderung erregt. Michelangelo, dessen diametral ent-
gegengesetzte Natur nur ungerne seinem berühmten älteren Landsmann
gerecht werden mochte, brannte vor leidenschaftlicher Ungeduld, sich
mit ihm zu messen. Er wusste Pietro Soderini zu bestimmen, auch
ihm ein Bild für den Saal zu übertragen. Im Herbst 1504 begann er
die Arbeit, und in wenig Monaten war der Karton in der Hauptsache
vollendet. Gegenstand der Darstellung war eine Scene aus den Kriegen
mit Pisa. Während in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts der
englische Condottiere John Hawkwood, oder wie die Italiener ihn
nannten Aguto, das pisanische Heer befehligte, stand dieses und das
iiorentinische einst in der Nähe von Pisa einander gegenüber. Die
Hitze des Sommertags war gross; die Florentiner werfen Kleider und
WValfen ab, um sich durch ein Bad im Arno zu erfrischen. Diesen
Augenblick erspaht der feindliche Feldherr und wagt einen Ueberfall.
Aber die ausgestellten Wachen bemerken ihn bei Zeiten, ein tapfrer
Krieger, Manne Donati, allarmirt die Truppen, die sich schleunigst
an's Ufer und in die Kleider werfen, um den Feind zurückzuweisen.
Diesen Moment schilderte Michelangelo. Er hätte keine bessere
Gelegenheit finden können, um seine gründlichen Kenntnisse des
menschlichen Körpers in Bau und Bewegung darzulegen. Zudem bot
die Wahl eines Momentes vor der Entscheidung den besten Anlass, in
der Schilderung der hastigen Vorbereitung die Spannung des Augen-
blicks zur Geltung zu bringen, da in Darstellung entfesselter Kampfes-
wuth der Karton seines Nebenbuhlers doch nicht zu übertreffen war.
Leider ist auch dieser Karton spurlos untergegangen, wir besitzen nur
einzelne Gruppen der Composition, namentlich die berühmten Kletterer
in alten Stichen Marc Anton's und anderer gleichzeitiger Stecher. Eine
grau in grau gemalte Nachbildung des Kartons, jetzt im Besitz des