Zweites
Kapitel.
Byzantinisch-Romanische
Epoche.
(VOm
11. bis
zum
Ende
Jahrhunderts.)
Periode.
Von 10004
1175.
Mit der Auflösung des karolingischen Reiches, das zum letzten
Male den Gedanken der alten römischen Weltmacht verwirklicht hatte,
beginnt im Norden die frische Naturkraft der germanischen Völker
sich in selbständiger Staatenbildung und eigenartigem Kulturleben
fröhlich zu entfalten. Namentlich Deutschland, unter den sächsischen
und fränkischen Kaisern die führende Macht, ergreift mit jugendlicher
Begeisterung die von Italien empfangenen Elemente einer höheren
Civilisation und gestaltet daraus in Architektur, Bildnerei und Malerei
einen neuen Stil, in Welchem die altrömische Tradition sammt dem
von der Kirche überlieferten Inhalt mit germanischer Anschauung sich
verschmelzen.
Hinter der Tiefe und Energie dieser Bewegung blieb Italien
einstweilen noch für lange Zeit zurück. Statt eines frischen Volks-
thums war hier ein verbrauchtes. Kulturvolk, statt der imponirenden
Einheit einer hervorragenden politischen Gewalt erschütterten hier seit
dem Untergang des karolingischen Reiches wilde Parteikämpfe das
Land, welches einem völligen politischen und sittlichen Untergangs
verfallen zu sein schien. Bis in's 12. Jahrhundert hinein herrschte
in Italien überall eine Anarchie, welche den Kampf Aller gegen Alle
herauf führt. Wohl wusste die päpstliche Gewalt allmählich zu einem
grossartigen Aufbau ihres hierarchischen Systems zu gelangen, allein
nicht ohne beständigen Kampf mit der trotzigen Bürgerschaft Roms,
in welcher die republikanischen Ideen des Alterthums. noch einmal
aufgelebt waren. Und nicht minder heftig war der Streit mit der
kaiserlichen Gewalt, der die wilden Parteiungen nur noch mehr ver-
schärfte, in welchen die Adelsfamilien wie die einzelnen Städte gegen