Volltext: Geschichte der Italienischen Malerei vom vierten bis ins sechzehnte Jahrhundert (Bd. 1)

Buch. 
Mittelalter. 
Das 
gesammte Dekoration der Oberwände des Mittelschiffs, grossentheils Reste 
der von Erzbischof Agnello (bis 566) bei der Umwandlung der Kirche 
für die Orthodoxen ausgeführten iWerke. Auf beiden Seiten des Schiffes 
sieht man auf Goldgrund zwischen Palmbäumen rechts einen Zug von 
Märtyrern und männlichen Heiligen, links von heiligen Jungfrauen. 
Sie schreiten einerseits aus den 'l'horen Ravenna's, andrerseits aus der 
Hafenstadt Classis hervor. In weissen Feierkleidern, Kronen in den 
Händen tragend, bewegen sie sich gegen den heiligen Raum des Pres- 
byteriums hin. Der Zug der Jungfrauen wendet sich zur Madonna, 
die an der Grenze des Altarraumes mit dem Kinde thront, von den 
drei Königen verehrt. (Fig. 17.) Der Zug der llrianner findet sein 
Ziel gegenüber an der grossartigen Gestalt Christi, der in dunklem 
Purpurgewande thront, von vier Engeln mit goldenen Sceptern be- 
wacht. Diese Theile sowie die Madonna gehören einer früheren Zeit 
und ragen durch besondere Schönheit hervor. Die späteren Werke 
zeigen dagegen in der unlebendigen und monotonen Behandlung unver- 
kennbar ein stark gesunkenes Kunstgefühl; dennoch ist die Gesammt- 
Wirkung in dem Glanz der Farben und der Feierlichkeit der Anordnung, 
besonders wenn die späte Abendsonne ihr volles Licht über die Wände 
hinwirft, eine erstaunliche. Es war ein sinniger Gedanke, die archi- 
tektonische Bewegung des Raumes und zugleich die Richtung der Ge- 
meinde gegen das Altarhaus hin in diesen feierlichen Prozessionen 
von Heiligen zu symbolisiren. Ausserdem sieht man noch zwischen 
den Fenstern sechzehn überlebensgrosse Gestalten von Heiligen in 
weissen Gewändern unter Baldachinen, zwischen welchen Scenen aus 
dem Leben und Leiden Christi den reichen Cyclus schliessen. Es ist 
wohl eine der frühesten monumentalen Darstellungen aus der Passion 
Christi; doch auch hier vermisst man noch die Kreuzigung des Herrn. 
Volle hundert Jahre später entstand der letzte Cyclus ravenna- 
tischer Mosaiken in der grossartigsteri der dortigen Basiliken, der von 
534 bis 549 erbauten S. Apollinare in Classe. Eine Stunde vor 
der Stadt, wo sich einst die Hafenstadt Classis ausdehnte und jetzt die 
baumlose Oede der Felder sich unabsehbar erstreckt, nur in einiger 
Entfernung von dem berühmten alten Fichtenwalde unterbrochen, er- 
hebt sich in schweigender Einsamkeit dies ehrwürdige Denkmal. Der 
grossartige Eindruck des Innern, mit seinem 50 Fuss weiten Mittel- 
schiff, den 24 mächtigen Marmorsäulen und der gewaltigen Apsis des 
um eine Reihe von Stufen erhöhten Chores ist von hoher Feierlichkeit. 
Von der musivischen Dekoration, welche unter dem Bischof Reparatus
	        
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