Volltext: Geschichte der Italienischen Malerei vom vierten bis ins sechzehnte Jahrhundert (Bd. 1)

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I. Buch. 
Mittelalter. 
Das 
Epoche der Entwicklung ein. Nach dem Untergange der weströmischen 
Herrschaft behauptete Üdoaker die Stadt bis 493, zuletzt in dreijährigem 
Kampf gegen den grossen Theodorieh und ward dann trotz der Be- 
dingungen der Uebergabe im kaiserlichen Palast ermordet. Unter Theo- 
dorieh ("t 526) begann eine neue Glanzepoche der Stadt. Der Aria- 
nismus der Gothen verlangte neue Kirchen, ohne zugleich neue gottes- 
dienstliche Bauten der Orthodoxen zu hindern. Seit 589 üel die Stadt, 
von Belisar bezwungen, mit dem übrigen Italien in byzantinische Hände 
und wurde fortan die Hauptstadt des Exarchats. Die glanzendsten 
und grossartigsten Monumente fallen in diese Zeit. Noch jetzt be- 
wahren sie eine solche Fülle musivischen Schmucks wie keine andre 
Stadt Italiens aus dieser Frühepoche aufzuweisen hat. Der Stil dieser 
Werke lasst immer noch starke Nachwirkungen der Antike erkennen, 
aber mit jenen Umgestaltungen, welche inzwischen in Byzanz sich voll- 
zogen hattcn. Dort war, schon seit Constantin den Sitz seiner Macht in 
die neue Kaiserstadt am Bosporus verlegt hatte, ein glänzendes Kunst- 
leben erwacht, das auf der antiken Formenwelt und der altchristlichen 
Ueberlieferung fusste. Aber die Entfernung von den Centralpunkten 
antiker Kultur hatte gleichwohl das Verhältniss zur klassischen Kunst 
gelockert, und die Nahe des Orients mit seinen despotischen An- 
schauungen ein Hofceremoniell begünstigt, welches mit seinen steifen 
Formen auch in die Kunst eindrang. Neben den Heiligengestalten 
erhalten bald die Herrscher mit ihren Familien und der Schaar ihrer 
Hofleute einen Platz in den musivischen Darstellungen" der Kirchen; 
sie erscheinen in dem ganzen Pomp des Hofkostüms, das mit schweren 
Stickereien, Edelsteinen und Perlen so überladen wird, dass der freie 
YVurf antiker Gewandung darunter leidet und dass in den steifen harten 
Linien das Gefühl für Bewegung und Qrganismus erstarrt. Auch der 
strenge dogmatische Formalismus der byzantinischen Kirche war einer 
freieren Entfaltung nicht günstig, führte vielmehr früh schon zu einer 
Verknöcherilng der Typen. Um das kirchlich Feierliche und Würde- 
volle nicht zu verfehlen, verfiel die Kunst in ein greisenhaftes gries- 
grämiges Wesen und verlor mehr und mehr die Fähigkeit, lebendigen 
Ausdruck zu schildern. Dagegen sind die technischen Vorzüge immer 
noch höchst beachtenswerth, und die fortan fast immer auf Goldgrund 
ausgeführten Mosaiken bewahren lange noch den Ruhm einer gediegenen 
Ausführung. Der Goldgrund, den die byzantinische Prachtliebe be- 
günstigte, ist für die koloristische Wirkung dieser Werke von nicht 
zu unterschätzender Bedeutung. Hatten die Griechen sogar in ihren
	        
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