Kapitel.
UnteriL-alion.
Malerei
Die
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den Lieblingsjiinger. Die Kleinheit sämmtlicheriFiguren, die nur wie
Staffage zur Landschaft wirken, die Anordnung des Ganzen, Haltung
und B'altenwurt' der Maria und des Johannes sind noch ilandrisch, aber
die freiere Bildung der Köpfe und besonders der schöne Linienzug der
Landschaft mit den sanft ansteigenden Höhen, die einen weiten Sec-
spiegel einschliessen, ist italiänisch und die kühnen Verkürzungen in
den Figuren der beiden Misscthäter verrathen den Einfluss Mantegna' s.
Ganz venezianisch dagegen zeigt sich Antonello in der Halbfigur der
Madonna, welche das Museum zu Berlin besitzt (Fig. 159). Schon
die Art, wie sie das auf einer Brüstung stehende Kind vor sich hält,
sowie die edlen grossen Formen des Kopfes, die Haltung der Hände
und der Stil der Gewänder erinnern an Giovanni Bellini, und die
weiche, fein verschmolzcne, in warmen Tönen durchgeführte Färbung
spricht für die spätere Entwickelungszeit und Wiederum für die Ein-
wirkung Bellinfs. Erwähnen wir noch die Halbfigur einer Addolorata
in der Akademie zu (Venedig, die im Charakter einer Schmerzens-
mutter aufgefasst ist und einen an seinem Pulte lesenden Hieronymus
in der Sammlung Baring zu London, Welchen man dem Antonello
zuzuschreiben geneigt ist, so wird die Reihe seiner kirchlichen Werke
so ziemlich erschöpft sein. Ob die interessante und bedeutende Krönung
der Blaria im Museum zu Palermo, ein Bild voll ernster, strenger
Schönheit, mit Recht dem Antonello zugesprochen wird, lassen wir für
jetzt dahingestellt sein, da unsere Iilrinrierung etwas verblasst ist.
Zu den ausgezeichnetstcn Schöpfungen des Künstlers gehören
ohne Zweifel seine Bildnisse. Es sind, wie fast immer in dieser Zeit,
der die individuelle Bedeutung des Frauenkopfes noch kaum erschlossen
war, männliche Brustbilder, die an Energie in der Auffassung des
Lebens und an staunenswerther, bis in's Kleinste dringender Genauig-
keit der Darstellung zu den vollendctsten Schöpfungen ihrer Art ge-
hören. Eins der trcfflichsten ist das 1865 aus der Galerie Pourtales
um die Summe von 113,500 Frs. in die Sammlung des Louvre über-
gegangene sogenannte Porträt des Condottiere vom Jahr 1475, ein
Charakterbild von gewaltiger Energie des Ausdrucks, der in den
blitzenden Augen, dem streng zusammengeschlossenen Munde, der
mächtig vertretenden Unterlippe etwas Gcbieterisches hat. Mit grösster
Schärfe ist alles Einzelne bis zu den Liehtreliexen in der Iris wieder-
gegeben, und doch Alles durch emailartig verschmolzenen Farbenauftrag
zu ruhiger Harmonie und schlichter Einfachheit zusammen gestimmt.
Fast von gleicher Vollendung ist das Porträt eines älteren Mannes vom