Kapitel.
Unteri
Malerei in
Lalien.
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thronende Madonna zwischen den h. Gregor und Benedict, darüber
die Verkündigung, wiederum ein Werk, in Welchem Handrische und
italiänische Elemente gemischt erscheinen.
Seit 1473 dürfen wir Antonello in Venedig sesshaft annehmen.
Zuerst entstand dort eine Madonna mit S. Michael für S. Cassiano,
ein heute verschollenes Bild, von dem wir aber durch gleichzeitige
Aufzeichnungen wissen, dass es in der Kunstwelt Venedigs das grösste
Aufsehen erregte und eine völlige Revolution hervorrief. Von kirch-
lichen Bildern der folgenden Zeit haben wir zunächst mehrere zu
nennen, welche das Thema des leidenden Christus behandeln. S0 be-
sonders ein Bild in der Akademie zu Venedig, welches den Erlöser
mit der Dornenkrone an eine Säule gebunden in Halbßgur darstellt.
Es ist ein Werk von strenger Zeichnung und gediegenster Technik,
im geistigen Ausdruck freilich nichts weniger als edel, vielmehr durch
realistische Üebertrcibung etwa an die Art des Rogicr van der Weyden
erinnernd. Eine ähnliche Figur besitzt die Sammlung Miari in Padua.
Demselben Ansehauungskreise gehört der von Engclknaben betrauerte
todte Christus im Belvedere zu YVicn, ebenfalls ein Werk von ge-
diegenster Durchbildilng, aber ungemein hart und scharf in den Üm-
rissen, die Gestalten gross und die Formen etwas leer, bedeutend im
Ausdruck, obwohl nicht frei von einem gewissen steifen, gezwungenen
Wesen. Es ist offenbar dasselbe Bild, welches Ridolfi als im Dogen-
palast in der (Üamera, de' Signori befindlich erwähnt. Im Museum
Correr zu Venedig sieht man eine Wiederholung dieser Composition
von Schülerhand. Mehrmals hat Antonello sodann die Halbügur des
leidenden Sebastian, an einen Baumstamm oder an eine Säule ge-
bunden, gemalt. So das vor einigen Jahren in die Galerie von Dresden
übergegangene Bild, bwelches den Gegenstand durch einige an Car-
paccio erinnernde genrehafte Zusätze zu beleben sucht, ein merkwür-
diger Beweis von dem Rüekeintluss der venezianischen Kunst auf den
Meister, dem man ohne Frage mit Unrecht das Bild abgesprochen
hat. Eine einfachere Variation desselben Themas, von bräunliehem
Farbenton bei etwas flauerer Behandlung besitzt das Museum zu Ber-
lin, eine Wiederholung desselben Bildes die Galerie zu Bergamo
und ein drittes, etwas derberes Exemplar die StädePsehe Sammlung
zu Frankfurt.
Während in diesen Werken die Composition mit Vorliebe bei der
einzelnen Halbfigur verweilt, erhebt sich Antonello in dem merkwür-
digen miniaturartig ausgeführten Calvarienbild von 1475 im Museum
Lübke, Italien. Malerei. I. 36