546
Buch.
Frührenaissance.
und im technischen Verfahren näheren Anschluss an Giovanni Bellini.
Vielleicht noch mehr gilt dies von dem prächtigen Altarbild in der-
selben Sammlung, welches die thronende Madonna, umgeben von sechs
Heiligen, darstellt. Hier ist die Madonna mit dem auf ihrem Schoosse
stehenden Christuskinde eine unmittelbare Inspiration Bellinfs, und die
gesammte Anordnung, die beiden an der Stufe des Thrones musizi-
renden Engel, der hohe auf korinthischen Säulen ruhende Baldachin,
die würdigen Gestalten der Heiligen, unter denen die edle mit tüch-
tigem Verstandniss des Nackten durchgeführte Figur des Sebastian
hervorleuchtet, das Alles erinnert an jenen Meister. Köstlioh im echten
Geiste Cima's ist der landschaftliche Hintergrund, und wenn in der
ganzen Anordnung eine gewisse steife Befangenheit, die in den Köpfen
der weiblichen Heiligen an Francia erinnert, nicht zu leugnen ist, so
entschädigt dafür der edle Ernst der Auffassung. Eine andere thro-
nende Madonna mit Heiligen in derselben Sammlung ist besonders
farbenpräohtig, in der Zeichnung und Anordnung aber ebenfalls noch
etwas hart und steif. Ein Altarbild ebendort aus der Kirche der Ma-
donna dell' Orto, welches Johannes d. T. in der Mitte von vier anderen
Heiligen darstellt, zeigt verwandte Anordnung bei noch herber und
gebundener Zeichnung und unentwickelter Technik und verräth sich
dadurch als eins der früheren Werke. Noch vielfach hart und scharf
in Zeichnung und Modellirung, steif in den Bewegungen, aber von
tiefbräunlichem Farbenton und von bedeutsamer Charakteristik ist die
Madonna mit dem Kinde zwischen dem h. Hieronymus und Magdalena
in der Pinakothek zu München (Kab. Nr. 608), ein noch ziemlich
frühes Bild. Eine der bedeutendsten Schöpfungen dagegen ist die
thronende Madonna mit sechs Heiligen und zwei musizirenden Engeln
im Dom zu Conegliano vom Jahr 1492, wiederum dem Giovanni
Bellini in Auffassung und Behandlung nahe kommend. Zwei Jahre
darauf (1494) entstand das Altarbild der Taufe Christi für S. Gio-
vanni in Bragora zu Venedig,_ in der Composition und dem tief-
glühenden Farbenton an Bellini's Bild in S. Corona zu Vicenza-
erinnernd, wiederum durch eine herrliche Landschaft ausgezeichnet.
In derselben Kirche sieht man sodann noch ein treffliches Altarwerk
von 1502, das Kreuz Christi zwischen der heiligen Helena und Con-
stantin darstellend, ebenfalls von tiefer Glut des Kolorits. Nicht
minder werthvoll ist die Darstellung des unglaubigen Thomas, der
zweifelnd die Hand in die Seitenwunde des Heilandes legt, 1504 aus-
geführt, jetzt in der Nationalgalerie zu London.