Volltext: Geschichte der Italienischen Malerei vom vierten bis ins sechzehnte Jahrhundert (Bd. 1)

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Buch. 
Frührenaissance. 
nach Hause entlassen. Das damals von ihm ausgeführte Porträt des 
Sultans, jetzt in der Sammlung des Mr. Layard zu London, wird 
wegen seiner Vollendung hochgepriesen. {Wichtiger noch ist ein Bild 
im Louvre, welches den Empfang der venezianischen Gesandtschaft 
durch den Grossvezier schildert. In einem sonnigen Hofraum des 
Palastes sieht man den hohen Würdenträger, von anderen Grossen 
umringt, wie er die Gesandten mit ihrem Gefolge, welche eben den 
Hof betreten, erwartet. Ringsum bis in den Hintergrund sind bunte 
Volksgruppen von Zuschauern vertheilt. Es ist ein kleines heiteres 
Bild von naiver Frische der Auffassung, besonders durch die feine 
Abtönung der Luftperspektive von fesselndem Reiz. 
Nach seiner Rückkehr trat Gentile wieder in seine öHentliche 
Thätigkeit ein und führte in neidloser Gemeinsamkeit mit seinem 
Bruder die grossen Gemälde im Dogenpalast weiter. Für den Unter- 
gang dieser Werke müssen wir einen Ersatz suchen in einigen anderen 
grossräumigen Darstellungen, welche glücklicherweise uns erhalten sind. 
Er hatte für die Scuola di S. Giovanni Evang. einige Bilder zu malen, 
welche sich auf die Geschichte. der dort bewahrten h. Kreuzpartikel 
beziehen. Zunächst malte er die Wunderbare Heilung des Pietro di 
Lodovico durch die verehrte Reliquie, eine nicht sehr lebensvolle, 
ausserdem durch Restauration übel mitgenommene Arbeit, jetzt in 
der Sammlung der Akademie. Sodann folgte in demselben Cyclus 
1498 das grosse Bild ebendort, welches die Prozession mit dem h. Kreuz 
darstellt. Auch dieses bezieht sich auf eine Wundergeschichte, nach 
Welcher ein Kaufmann von Brescia, Jacopo de Salis, durch die Ver- 
ehrung der Kreuzpartikel die Wiedererweckung seines Sohnes erlangt 
hatte, der durch einen Sturz aus dem Fenster umgekommen war. Von 
grossem Reiz ist auf diesem Bilde die Schilderung des Marcusplatzes, 
auf welchem man das ganze damalige Venedig, die Geistlichkeit, die 
höchsten Würdenträger und das Volk in feierlicher Prozession mit der 
Reliquie einherziehen sieht. Die Meisterschaft, mit welcher hier eine 
an sich bedeutungslose Scene durch die Fülle individuellen Lebens in 
schärfster Ausprägung, durch die treffliche perspektivische Anordnung, 
durch glückliche Vertheilung von Licht und Schatten, durch feine 
Abwägung der Massen in wohl abgestufter Luftperspektive vorgeführt 
ist, verleiht diesem Bilde einen hohen Werth. Bei der grössten Ge- 
wissenhaftigkeit und Genauigkeit in der Darstellung des Einzelnen ist 
doch Alles zu harmonischer Gesammtwirkung verbunden. Nicht minder 
anziehendiist das dritte Bild, welches uns eine lebendige Scenerie von
	        
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