Kapitel.
VOII
Schule
Die
Venedig.
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cesco zu Pesaro, in welcher zwar die Oeltechnik schon herrscht, die
einzelnen Gestalten aber noch nicht frei von einer gewissen strengen
Herbigkeit der Charakteristik sind, während die kleinen Darstellungen
der Predella sich durch grosse Lebendigkeit auszeichnen. Zu diesen
früheren Werken gehört dann auch die Verklärung Christi im Museum
zu Neapel, die schon desshalb von grosser Bedeutung ist, weil hier
zum ersten Mal die landschaftliche Umgebung zur Hauptsache wird
und die Figuren in kleinerm Maassstabe fast zur Staffage verschrumpfen.
In der That sieht man, wie der Meister sich die Aufgabe gestellt hat,
durch eine allerdings noch nicht vollkommene Anwendung der Luft-
perspektive die einzelnen Gründe der Landschaft abzustufen; ein deut-
licher Beweis von dem durch Antonello da Messina vermittelten Einfluss
der Niederländer, der sich auch in dem ungemein zierlichen Detail des
Vordergrundes verräth. Bedeutsam sind die Gestalten Christi, des
Moses und Elias, naiv die Geberden der Bestürzung und Verwunderung
bei den Jüngern, unter denen Johannes sehr edel charakterisirt ist.
Klar und goldig ist der Farbenton des Ganzen.
Jedes weitere Werk bietet einen neuen Beleg für das ilnablässige
Streben nach Vollendung, das in wenigen Künstlern mit solcher Be-
harrlichkeit und treuen Gewissenhaftigkeit sich offenbart. Neben der
Oelmalerei ist auch das Fresko nicht ganz von Bellini vernachlässigt
worden. Einen Beweis seiner Tüchtigkeit auch in dieser Technik darf
man vielleicht in dem 1490 entstandenen Grabmal des Senators Onigo
in S. Niccolb zu Treviso erkennen, das besonders durch die beiden
prächtigen lebensvollen Kriegergestalten, welche das Grab bewachen,
an den freien und hohen Naturalismus Bellini's erinnert. Wichtiger
allerdings ist die Reihenfolge seiner grossen Altarbilder, von denen
man zunächst ein vielleicht um 1500 entstandenes treffliches Bild der
Taufe Christi in S. Corona zu Vicenza sieht. Ganz herrlich im Aus-
druck milder Ergebenheit ist Christus, auf welchen der Täufer mit der
Gebälrde lebhafter Erregung zuschreitet, um den Akt der Taufe an
ihm zu vollziehen, Während Gottvater und der h. Geist vom Himmel
herabschweben und drei schöne Engel in langen Gewändern assistiren.
Eine ernste Gebirgslandschaft schliesst die Composition ein und erhöht
die feierliche Stimmung. Zu noch höherer Freiheit entfaltet sich die
Meisterschaft des rastlos strebenden Künstlers in der herrlichen Schö-
pfung seines achtzigsten Lebensjahres, der thronenden Madonna mit
den h. Petrus und Hieronymus, Katharina und Lucia aus dem Jahre
1505 in S. Zaccaria zu Venedig. Hier herrscht jene milde Weichheit