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Buch.
Die Frührenaissance.
dem Namen des Meisters und dem Datum 1487 bezeichnet. Auch
hier steht das Kind, von der Mutter umfasst, auf einer Marmor-
brüstung, und obwohl der Ausdruck der Madonna keine besondere
Innigkeit zeigt, sind vielleicht zum ersten Mal der Kopf der Mutter
und das Gesichtchen des Kindes von vollendetem Liebreiz, ausserdem
die malerische Ausführung von höchster Zartheit. Aus der Landschaft
des Hintergrundes ragen zu beiden Seiten des hinter der Madonna
ausgespannten Teppichs etwas zu symmetrisch angeordnet zwei schlanke
Bäumchen mit üppigen Laubkronen empor. Ein ziemlich frühes Bild
ist dann in derselben Sammlung die Madonna, welche das auf ihrem
Schooss schlafende Kind anbetet, noch in Tempera ausgeführt. Von
wunderbar tiefem Farbenakkord, in" braunlichem Gesammtton mit
höchster Kraft des Kolorits durchgeführt, ist die köstliche Madonna-
der Nationalgalerie zu London, offenbar ein Werk der vollendeten
Meisterschaft. Der landschaftliche Hintergrund zeigt die steilen Ab-
hange der friaulischen Schneegebirge. Noch einmal greift dann der
Künstler in der Madonna der Brera von 1519 zu dem schlichten
Thema der früheren Zeit zurück und giebt ein Werk, das zwar in
den Köpfen die volle Kraft vermissen lässt, aber in der Farbe eine
Weichheit und einen Schmelz erreicht, welche bereits eine Vorahnung
Tizians enthält, wie denn auch die Landschaft von wunderbarem
Zauber ist.
Wir dürfen diese einfacheren Werke verlassen, um zu denjenigen
überzugehen, in welchen der Meister das Thema reicher zu entfalten
sucht. Zunächst hält er an dem idyllischen Grundton fest, indem er
die Mutter mit dem Kindc in derselben anspruchslosen Weise verführt,
aber ein Paar Heilige als trauliche Genossenschaft hinzufügt. So die
noch frühe Madonna der Akademie, welche das vor ihr auf einem
Kissen sitzende Christuskind halt, während Katharina und Magdalena
andachtsvoll daneben stehen. Hier erhebt sich der Weibliche Typus
zu edler Anmuth, wenngleich in den etwas schweren Händen und der
mühsamen Verkürzung des Kindes sich noch eine gewisse Befangenheit
spüren lässt. Das Kolorit ist überaus warm und kraftvoll, der Gesammt-
eindruck von mildem Ernst. Freier und vollkommener gestaltet sich
das Thema in dem köstlichen Bilde derselben Sammlung, welches die
Madonna von den markig realistischen Gestalten der h. Paulus und
Georg umgeben zeigt. (Fig.153.) Hier erreicht er in dem lieblichen
Kind und der vornehmen Madonna das volle Ideal venezianischer
Schönheit, und die Farbe zeigt den milden Ton mit zarten grauen