Kapitel,
VIII.
Schulen.
Die lombardisch-piemontesischen
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Von ähnlicher Art ist ebendort das Bruehstück eines Altares mit den
Brustbildern von vier Heiligen. Auch die unter Nr, 47 mit der B6-
Zeichnung nSchule von Vercelli" vorhandene Anbetung der Könige
scheint nach dem holden Madonnentypus, den befangenen Bewegungen,
den schwerfällig gezeichneten Händen, der durch reichliches Gold noch
gehobenen Pracht des Kolorits ein Werk Defendentes Der landschaft-
liche Grund mit Gebirgen und Ruinen ist noch unentwickelt.
Verwandte Richtung und ähnliche Anlage zeigt ein andrer Künstler
von Vercelli, Girolamo Giovenone, der ebenfalls Einflüsse Borgognont-ys
erkennen lässt und vielfach an umbrische Auffassung in jener milden
Weichheit erinnert, wie sie sich in den Werken Fr. Francia's kund
gibt. Die Galerie zu Turin besitzt ein Altarbild, welches die Be-
Zeichnung „Jher0nimi Juvenonis opiiicis 1514" trägt. (Fig.147.) Auf
einfach edlem Renaissaneethron unter der Bogenhalle eines achteckigen
Kuppelraumes, durch dessen Oeffnungen der Blick in eine schöne
Gebirgslandschaft fallt, sieht man die Madonna sitzen, das auf ihrem
Schoosse stehende Kind innig an sich drückend. Unten kniet, von
S. Abbondio empfohlen, in stillem Gebet die Stifterin, gegenüber ihre
beiden Kinder, liebe, unschuldsvolle Gesichtchen, welchen der h. An-
tonius als Beschützer beigegeben ist. Das Bild hat ungemein hellen
kühlen Fleischton, mit perlgrauen feinen Schatten; die rosig ange-
hauchten Wangen und Augenlider gemahnen an Borgognone und
Francia. Dagegen sind die Gewänder von tiefer Farbenpracht, mit
leuchtendem Roth und gesättigtem Blau, so dass die Carnation noch
zarter erscheint. Milde Innigkeit des Ausdrucks erfüllt die Köpfe,
während das Nackte wiederum nur mangelhaft gezeichnet ist. Etwas
später muss ein andres Altarbild derselben Sammlung sein, welches
wieder die ßthronende Madonna, umgeben von vier Heiligen, darstellt.
Der_ Künstler hat von den inzwischen vollzogenen Fortschritten der
Malerei sich Manches zu eigen gemacht; er weiss namentlich die
Hände besser zu zeichnen und ausdrucksvoller zu bewegen; auch die
Haltung der Madonna und des die Mutter sanft umarmenden Kindes
verräth höhere Freiheit. Die Farbe zeigt nicht mehr die volle Kraft,
ist vielmehr etwas kühl; der lichtgraue Ton des Fleisches hat sogar
etwas Flaues. Immerhin aber ist es ein liebenswürdiges Werk. Als
das Meisterstück des Künstlers erscheint aber die Altartafel in der
Akademie, mit der Geburt des Christkindes, das von Maria und
Joseph verehrt wird, während sechs Heilige dabeistehen. Die Scene
begiebt sich wieder in einem Kuppelraume, durch dessen Bogenöflhungen