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Die Frührenaissance.
Reiz. Sein letztes Werk, die Krönung der Maria in der Brera datirt
von 1522; auch hier waltet in der Madonna und den Engeln noch der
ihm eigne Ausdruck holder Herzlichkeit, aber in den stillosen Gestalten
der Apostel mit den leeren, an's Triviale grenzenden Köpfen verräth
sich die Altersschwäche des Künstlers. Spätere sichere Nachrichten
von ihm fehlen.
Dass es in diesen Gegenden nicht an Künstlern fehlte, die bis
tief in's 16. Jahrhundert an harter, disharmonischer und alterthümlicher
Auffassung festhielten, beweist namentlich Pier Francesco Sacchi von
Pavia, von welchem sich Bilder bis 1527 nachweisen lassen, die durch
einen an nordische, besonders flandrische Kunst erinnernden Realismus
in mühsam scharfem Hervorheben der Einzelheiten, besonders der land-
schaftlichen Umgebung ihn als Nachzügler der älteren Kunst verrathen.
S0 eine Kreuzigung von 1514 im Museum zu Berlin, von grosser,
aber herber Energie des Ausdrucks, derbe Gestalten in kräftiger, aber
unharmoniseher Färbung. Auch die Kirchenvater im Louvre, vom
Jahre 1516, zeigen alterthümliche Strenge der Auffassung, charakter-
volle Köpfe, wiederum in einer an iiandrische Kunst gemahnenden
Durchführung. Sodann vom Jahre 1526 in S. M. di Castello zu Ge-
nua eine Apotheose der Madonna, von ähnlicher Kraft des Realismus.
Ganz andrer Art ist Vincenzo Oiverchio, über welchen die Nach-
richten viel Unklares und Widersprechendes enthalten. S0 soll er die
Decoration der Chorkapelle in SaEustorgio ausgeführt haben, die je-
doch so sehr im Charakter der älteren Kunst behandelt ist, dass wir
sie dem Foppa zuweisen müssen (vgl. S. 489). Dagegen Wissen wir,
dass Civerchio, der aus Crema stammt, seit 1493 in Brescia thätig war,
wo ihm die Stelle des kurz zuvor verstorbenen Foppa zuüel. Leider
sind seine Fresken im Alten Dom daselbst untergegangen, und ein mit
seinem Namen bezeichnetes Altarbild des h. Nikolaus vom Jahre 1495
in S. Barnaba daselbst ist zu stark überarbeitet worden, um für seine
damalige Kunstrichtung zu zeugen. Werthvoller ist eine Pieta vom
Jahre 1504 in S. Alessandro, ebenfalls mit dem Namen „Vincentius
Cremensis", ein ausdrucksvolles Werk, das noch eine gewisse Härte
in den Formen und besonders der Gewandung erkennen lässt. Die
sehr bedeutende, dem Bellini zugeschriebene Grablegung Christi in
S. Giov. Evangelista daselbst wird von Orowe und Cavalcaselle mit
gutem Grunde dem Civerchio beigelegt.
Als Cremona 1507 an die Venezianer gefallen war, ging der
Künstler dorthin und arbeitete manches für diese Stadt und für seine