Volltext: Geschichte der Italienischen Malerei vom vierten bis ins sechzehnte Jahrhundert (Bd. 1)

Kapitel. 
VIII. 
Schulen  
Die lombardisch-piemontesischen 
497 
Dagegen ist der Stifter eine tüchtige Portraitflgur. Endlich mag hier- 
her die .thronende Madonna mit Engeln in S. Eustorgio (1. Kap. 
rechts) gehören, die aber freilich stark überarbeitet worden ist und 
desshalb von Borgognonds eigenthümlicher Farbenbehandlung wenig 
mehr aufweist. Anmuthig ist immerhin das Christuskind, das sich in 
naiver Bewegung zur Mutter wendet. 
Es folgt nun die grosse Reihe ansehnlicher Werke, mit Welchen 
die Certosa von Pavia geschmückt ist, wohin sich Borgognong um 
1485 begeben zu haben scheint. Datirt mit der Jahrzahl 1490 ist 
die grosse Kreuzigung in der Cap. del Crocifisso. Die Art, wie der 
Gekreuzigte von trauernden Engeln umschwebt wird, Während die 
Madonna ohnmächtig zusammenbricht, Magdalena den Kreuzesstamm 
umfasst, Johannes schmerzvoll emporblickt, erinnert noch ganz an die 
herkömmliche Auffassung dieses Themas; aber tief ergreifend und 
reich abgestuft ist der Ausdruck, edel Gestalt und Kopf des Erlösers, 
merkwürdig scharf und kräftig, fast hart die Zeichnung, Farbe und 
Modellirung. Hier ist noch ein Nachhall des realistischen Stils der 
Paduaner. Auch das Altarbild des thronenden h. Sirus, ersten Bischofs 
von Pavia, in der diesem Heiligen gewidmeten Kapelle, verräth ahn- 
liche fast bis zum Starren gehende Herbigkeit der Behandlung. Ver- 
wandter Art ist in der Kapelle des h. Ambrosius das der Verherr- 
lichung dieses Heiligen gewidmete Altarbild. Mehrere einzelne Tafeln 
mit Heiligenfiguren sieht man sodann in der Alten und der Neuen 
Sakristei, dort namentlich den h. Augustinus, hier Petrus und Paulus. 
Unter seinen Fresken sind die grossen Wandbilder im nördlichen und 
südlichen Querarm hervorzuheben: dort die Krönung der Maria mit 
vier Heiligen und den knieenden Gestalten des Francesco und Lodovico 
Sforza; hier die thronende Madonna, ebenfalls mit vier Heiligen, ver- 
ehrt von Gian Galeazzo Visconti und seinen drei Söhnen. Diese- 
Arbeiten lassen erkennen, dass Borgognonds Kraft über die einfacheren 
Aufgaben des Andachtsbildes nicht hinausging _und für grosse monu- 
mentale Werke zu schwach war. 
Als der Künstler nach Mailand zurückkehrte, war inzwischen 
Lionardo aufgetreten, dessen Einfluss auch Borgognone sich nicht Zu 
entziehen vermochte. Ünter dieser Einwirkung reift sein Stil, nach 
AbStreifen der früheren realistischen Befangenheit, zu seiner eigen- 
thümlichen Süssigkeit und Holdseligkeit, die sowohl in der zarten echt 
weiblichen Passivität seiner Gestalten, dem träumerischen Stillleben 
seiner Köpfe, als in der duftigen silbertönigen weich verschmolzenen 
Lübke, Italien. Malerei. I. 32
	        
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