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Buch.
Frührenaissance.
Die
gnone, eigentlich da Fossano allgemein bekannt ist. In dem engen
Bereich des Andachtsbildes hat er seine ausschliessliche Wirksamkeit,
gewinnt aber hier, nicht unähnlich einem Perugino oder Francia, den
Ausdruck einer innig-religiösen Empfindung, einer zarten lyrischen
Stimmung in leise bewegten, halb träumerisch dastehenden Gestalten.
Ein gewisser Rest von Befangenheit, den er niemals völlig überwindet,
dient noch dazu, das specifisch kirchliche Gepräge mehr hervortreten
zu lassen. In seinem Kolorit fällt die ungewöhnliche Zartheit der
bleichen Fleischtöne auf, die sich indess mit einem feinen rosigen An-
hauch verbindet und durch kräftige, tiefe Gewandfarben noch wirk-
samer wird.) Milde und Sanftmuth sind der Inbegriff seiner Kunst,
die zu den liebenswürdigsten Erscheinungen der ganzen Schule zählt.
Üeber seine äusseren Lebensumstände sind wir nur spärlich
unterrichtet. Gewisse Züge in seinen früheren Werken scheinen darauf
zu deuten, dass er unter dem Einfluss F0ppa's und Zenale's sich ge-
bildet hat. Dass er 1473 den Entwurf zur Facade der Certosa von
Pavia gemacht habe, ist eine unverbürgte Ueberlieferung; mit mehr
Wahrscheinlichkeit darf man ihm die Zeichnungen zu den prächtigen
figürlichen Einlagen der Chorstühle der Certosa zuschreiben. So viel
ist gewiss, dass er bis gegen 1494 eine Reihe von Jahren unausgesetzt
für die Ausschmückilng dieses grossartigen Baues mit Altartafeln und
Fresken beschäftigt gewesen ist. Fragt man, welche früheren Arbeiten
ihm zu dieser ehrenvollen Berufung, verholfen haben, so bietet sich
zunächst ein Altarbild in S. M. presso S. Celso, mit der Bezeich-
nung: "Op. de Ambrosio de Fossano dicto Bergognonoß In heiter
klarer Landschaft kniet die Madonna, das am Boden liegende Kind
verehrend; daneben S. Rochus und der einen knieenden Stifter em-
pfehlende Täufer Johannes. Die Composition sowie die ungewöhnlich
tiefe, fast perugineske Färbung erinnern an umbrische Einflüsse , die
wohl durch Bramante vermittelt sein mögen. Ein hübscher Zug ist,
wie das Christuskind sich mit dem linken Arm aufstützt, um die
rechte Hand zum Segnen frei zu bekommen. Noch früher erscheint
indess eine grosse Altartafel in der Ambrosiana, welche die thro-
nende Madonna, umgeben von acht Heiligen und einem knieenden
Canonicus als Stifter, darstellt. Die reiche Anwendung architektonischer
Formen und goldenen Schmuckes, mehr noch die mühsame Art, wie
der Künstler in den männlichen Gestalten nach Charakter und Be-
seelung ringt, während die weiblichen Köpfe eine etwas conventionelle
Anmuth zeigen, geben dem Bilde etwas alterthümlich Gebundenes.