VIII. Kapitel.
lombardisch-piemontesischen
Die
Schulen.
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umbrischen, durch Bramante vermittelten Gefühlsweise verräth trotz
starker Üebermalung das Altarbild des h. Sebastian in S. Sebastian o.
Weiteren Fortschritt auf dieser Bahn erkennt man in dem seltsamen
Triptychon der Ambrosiana, welches die Madonna thronend dar-
stellt, umgeben vom h. Ambrosius und dem h. Michael als Seelen-
wäger; zu Füssen des letzteren liegt der von ihm erschlagene Teufel
in Gestalt eines hässlichen Molchs, Während auf der andern Seite ein
todt hingestreckter, kühn verkürzter bärtiger Mann die überwundene
Ketzerei darstellt. Das Ganze hat etwas Weichlich Verschmolzenes,
die Gesichtstypen sind unbedeutend, aber von offenem Ausdruck, das
warme Kolorit ermangelt einer kräftigeren Betonung." Eine Anbetung
des Kindes in derselben Galerie, wenn sie mit Recht dem Meister zu-
geschrieben Wird, muss einer früheren Entwicklungsphase angehören,
da ihre trübe Färbung mit scharf seitwärts einfallenden Lichtern und
sehr verschrnolzenen Schatten, sowie die Schärfe der Zeichnung noch
mantegnesken Einfluss verräth. Dagegen sind weitere Arbeiten aus der
mittleren Periode die grau in grau gemalten Lünettenfresken in
S. Maria delle Grazie, an den Thüren, welche aus der Slakristei
in den Kreuzgang und von da in die Kirche führen; ferner eine Tafel
mit der Flucht nach Aegypten in der Madonna del Sasso zu Locarno;
etwas später offenbar die in die Brera gelangten Reste von Fresken:
ein kleiner Genius unter Weinranken, ein flott und breit gemalter
S. Martin, der seinen Mantel mit einem Armen theilt, sowie eine
thronende Madonna mit zwei anbetenden Engeln, breite, rundliche
Köpfe von offenem Ausdruck, kühle Farbenstimmung, hellblauer Mantel
und hellgrüner Ueberwurf, dazu hellrothes Kleid; keine Spur hier vom
Einfluss Lionardds. Dagegen erkennt man diesen sofort in dem weich
verschmolzenen Farbenauftrag und den milden Typen an dem Brust-
bild des h. Hieronymus und dem auf der Schüssel liegenden Kopfe
Johannes des Täufers in der Ambrosiana.
Üeber die späteren Lebensverhältnisse Bramantinds wissen wir
nur, dass er 1522 wieder in herzogliche Dienste trat und 1523 bei
der Belagerung Mailands durch die Franzosen als Ingenieur ausgezeich-
nete Dienste leistete, wesshalb er 1525 als herzoglicher Architekt und
Ingenieur angestellt wurde. Seine letzte Erwähnung datirt aus dem
Jahre 1529.
Selbständiger als in allen diesen von mannigfachen Einflüssen
bestimmten Künstlern entfaltet sich die eigentlich lombardische Aus-
drucksweise in einem Meister, der unter dem Namen Antbrogio Burge-