Volltext: Geschichte der Italienischen Malerei vom vierten bis ins sechzehnte Jahrhundert (Bd. 1)

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Buch. 
Die Frührenaissance. 
aber die zahlreichen Porträtköpfe sind charaktervoll. Demselben 
Künstler darf man wohl auch die stark verblichenen Fresken in der 
Antoniuskapelle von S. Pietro in Gessate (der dritten Kapelle links) 
zuschreiben: derbe Arbeiten von hausbackener Tüchtigkeit. 
Bei den jüngeren Künstlern dieser Gruppe mildert sich der an- 
fangs herbe paduanische Stil zu weicher Anmuth, die auch in der Farbe 
einen entsprechenden Ausdruck findet. Die zarte Holdseligkeit der 
mittelalterlich-gothischen Malerei kommt wieder zu Tage, vielleicht 
durch umbrische Einflüsse vermittelt, die sich an das Auftreten des 
grossen Bramante von Ürbino knüpfen. Wie dieser Meister den phan- 
tastisch üppigen Decorationsstil der lombardischen Architektur, der an 
der Facade der Certosa von Pavia, den Portalen des Doms zu Como, 
der Cappella Colleoni zu Bergamo seine Prachtstücke geschaffen, zu 
edler Anmuth mildert, so scheint er auch als Maler ähnlich umstim- 
mend gewirkt zu haben. Allein da wir keine Gemälde seiner Hand 
aufzuweisen vermögen, so dürfen wir wohl aus den Arbeiten eines 
Künstlers, der durch seinen Beinamen ein nahes Verhältniss zu ihm 
verräth, solche Einwirkung vermuthen. Dies ist Bartolontmeo Suardi, 
bekannter unter der Bezeichnung Bramantino, in Mailand geboren, 
als Architekt und Maler viel beschäftigt und namentlich als Gehülfe 
Bramantds für malerische Dekoration verwendet. Durch Vasari ist 
Verwirrung in die Lebensgeschichte dieses Künstlers gekommen, der 
lange durch Verwechselung mit Bramante gelitten hat. Es scheint, 
dass auch er zu den Künstlern gehörte, die im Ausgange des 15. Jahr- 
hunderts im Vatikan gearbeitet haben, deren Werke aber durch den 
etwas "gewaltthatigen Julius II. beseitigt wurden, um den grösseren 
Schöpfungen RafaeYs Platz zu machen. Er kehrte dann nach Mai- 
land zurück, wo inzwischen Lionardo seine Wirksamkeit begonnen 
hatte und auf alle Künstler einen bestimmenden Einüuss übte. Die 
Spuren desselben treten unverkennbar in den jüngeren Schöpfungen 
Bramantinds zu Tage. 
Unter den ihm zugesprochenen Arbeiten steht eine Altartafel mit 
der Beschneidung Christi im Mus. Nap. III. des Louvre vom Jahr 
1491 als eine der früheren da, durch trübe Färbung und scharfe Model- 
lirung an Zenale erinnernd. Verwandter Art ist die Pieta im Portalbogen 
von S. Sepolcro zu Mailand, ein allerdings zum Theil zerstörtes 
Werk, das aber durch wohl abgewogene Composition, durch tüchtige 
Modellirung in scharf einfallendem Seitenlicht nach Art der Paduaner 
von einer -gediegenen Künstlerkraft zeugt. Einen IIebergang zur
	        
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