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Buch.
Die Frührenaissance.
Wirklichkeit die Horentinische Kunst der paduanischen sammt ihren
Ausläufern überlegen ist. Den Antheil der einzelnen Künstler an diesen
Werken festzustellen, scheint angesichts des jetzigen Zustandes der-
selben gewagt.
Eine Trauer um den todten Christus im Museum Correr zu
Venedig ist nicht minder durch die gediegene Färbung, wie durch
den ergreifenden Ausdruck werthvoll. Ebenso ein h. Hieronymus in
der Nationalgalerie zu London, von herbem Naturalismus, und eine
kleine Madonna" in der Galerie zu Bergamo, bei welcher indess das
Manierirte seines Stiles unerfreulich hervortritt. Ein frühes Werk sind
die 1469 ausgeführten Orgelthüren im Dom zu Ferrara, jetzt im Chor
daselbst aufgehängt, die Verkündigung und St. Georgs Kampf mit
dem Drachen darstellend. In der Galerie sodann sieht man einen
h. Hieronymus als Cardinal, ebenfalls von merkwürdiger Harte und
Strenge des Stils und einem tiefen warmbraunen Ton, an die Fresken
im Pal. Schifanoia erinnernd. Auffallend sind überall bei diesem Meister
die Einflüsse des derben Handrischen Realismus, die freilich bei den
meisten Oberitalienern, wenngleich nicht immer so durchschlagend, zu
Tage treten. Tura lebte angesehen und wohlhabend, betrieb neben
seiner Malerei Geldgeschäfte und Holzhandel und hinterliess bei seinem
Tode um 1498 ein bedeutendes Vermögen, welches grossentheils zu
einem Kirchenbau und zu milden Stiftungen bestimmt wurde.
Neben ihm ist Francesco Cossa als ein nicht minder tüchtiger
Künstler zu nennen, der manche Eigenthümlichkeiten, den kraftvollen
Realismus und die flandrischen Anilüge mit jenem gemein hat, aber
in den Typen seiner Köpfe etwas anmuthiger ist. Zwei kleine Rund-
bilder in der Galerie zu Ferrara (Nr. 21 und 22), die Gefangennahme
und die Enthauptung des h. Bischofs Maurclius mit grosser Lebendig-
keit darstellend, zeigen sich in der harten, strengen Behandlung und
der Vorliebe für kleinen Maassstab dem Mantegna verwandt, ohne
jedoch seine Feinheit irgend zu erreichen. Cossa wandte sich später
nach Bologna und übertrug dorthin, gemeinsam mit Zoppo, den
strengen paduanischen Realismus. Man sieht dort in der Pinakothek
von seiner Hand eine Madonna auf reich geschmücktem Throne, zu
den Seiten Johannes d. Ev. und den h. Petronius mit dem Modell
seiner Kirche, bezeichnet mit dem Namen des Künstlers und der Jahr-
zahl 1474. Aehnlicher Art ist das Fresko der Madonna in S. M. del
Baracano, das eine noch reichere Architektur zeigt. Die Landschaft
mit den seltsamen Gebirgsformationen und den Felsenthoren stammt