Volltext: Geschichte der Italienischen Malerei vom vierten bis ins sechzehnte Jahrhundert (Bd. 1)

Kapitel. 
VII. 
paduanische 
Ausläufer. 
und ihre 
Schule 
465 
der ersten Entwicklungsepoche des Künstlers. Grrossartig nach Anlage 
und Umfang, behält es noch die Feierlichkeit streng statuarischer An- 
ordnung bei, die das Mittelalter liebte und lässt die auf prächtigem 
Marmorsitz thronende Madonna mit den acht Heiligengestalten, welche 
sie auf beiden Seiten in stark perspektivischer Anordnung umgeben, 
nicht in nähere Beziehungen treten. Die bewegten Gegensätze male- 
rischer Composition, Welche die Florentiner bei solchen Aufgaben an- 
wenden, bleiben Mantegna fern. Nur die bezaubernden Engelknaben, 
welche musicirend den Thron umgeben, bringen eine freiere Anordnung 
in das feierlich strenge Werk. Dazu kommt der Reichthum antiker 
Architektur mit köstlichen Blumengewinden, die von Genien gehalten 
werden und einen festlichen Eindruck geben. Der streng plastische 
Stil herrscht noch vor, verbindet sich aber mit weicherer F arben- 
behandlung. In den Typen der Köpfe ist alles Herbe, Ünschöne über- 
wunden,  zum Theil eine hoheitvolle Anmuth erreicht, die nament- 
lich die Madonna verklärt. S0 erscheint das herrliche Werk wie ein 
feierlicher Hymnus, in welchem die kirchliche Stimmung sich zu einer 
Erhabenheit steigert, wie in wenig Werken der Zeit. Die Predellen- 
bilder sind in Frankreich geblieben, zwei im Museum zu Tours, das 
dritte, eine Darstellung der Kreuzigung, im Louvre. Auch hier sind 
Zeichnung und Modellirung noch ungemein herb und streng, sämmt- 
liche Gestalten haben die übertriebene Lange, die auch in der Eremi- 
tanikapelle auffällt; herrlich im Ausdruck verzweifelnden Schmerzes ist 
Johannes, dagegen die Gruppe der Frauen voll Hässlichkeit, aber von 
erschütternder dramatischer Wucht. Die Ausführung bis in den fernsten 
Hintergrund ist von unübertrefflicher Gediegenheit. Ungefähr der- 
selben Zeit dürfte die köstliche kleine Tafel mit dem h. Georg in der 
Akademie zu Venedig angehören;  etwas früher dagegen scheint der 
unvergleichlich scharf in streng statuarischem Stil ausgeführte S. Se- 
bastian im Belvedere zu Wien, der in griechischer Schrift den Namen 
des Meisters trägt  und diesen noch ausschliesslich an Nachbildung 
plastischer Eindrücke hingegeben zeigt. 
Erst nach 1460, wie es scheint, trat Mantegna seine Stellung am 
Hofe zu Mantua an, in welcher er bis zu seinem Tode (1508) fast ein 
halbes Jahrhundert lang drei nacheinander folgenden Herrschern diente. 
Die Anhänglichkeit des Künstlers an das Haus Gonzaga gehört ebenso 
wie die mit hohem Vertrauen" gepaarte Verehrung der Fürsten gegen 
den grossen Meister zu den erfreuliehsten Zügen des damaligen Künstler- 
lebens. Doch soll nicht verschwiegen werden, dass der Privatcharakter 
Lübke, Italien. Malerei. I. 30 
	        
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