VII.
Kapitel.
Schule
Die paduanische
und
Ausläufer.
ihre
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Perspektive ablegen, aber die Gesammtwirkung des Cyclus beeinträch-
tigen. Zunächst malte er den h. Jacobus, wie er zum Richtplatz geführt
wird und einen vor ihm sich niederwerfenden Blinden heilt. Auch hier
sind die Typen so unschön wie möglich und die plastischen Härten auf
die Spitze getrieben, doch ist eine erstaunliche dramatische Wucht des
Ausdrucks in den Hauptiiguren und in den Zuschauern, von denen
einige durch einen Kriegsknecht gewaltsam zurückgedrängt werden
(auf unsrer Abbildung Fig. 138 fortgelassen). Kein anderes Werk
der ganzen Zeit zeigt eine so strenge Klassicität, ein so völliges Ab-
weisen der eigenen Zeitformen, namentlich fehlt die bei den Florentiuern
übliche Hinzuliigung zeitgenössischer Gestalten. Es folgt sodann die
Hinrichtung des Apostels. Jacobus liegt gefesselt unter dem Fallbeil,
welches der gespreizt über ihm stehende Henker eben mit wuchtigem
Hammerschlag zulösen im Begriff ist, während andere Kriegsknechte
mit dem Ausdruck stumpfer Gleichgültigkeit zuschauen. Hier ist die
dramatische Charakteristik von erschütternder Gewalt, und die Behand-
lung hat etwas von der übergrossen plastischen Härte abgestreift. Den
Beschluss machen auf der rechten Wand die stark zerstörten Scenen
des Martyriums des h. Christoph und der Fortschaffung seines riesigen
Leichnams. Das Momentane ist auch hier mit Energie geschildert,
die Gestalten aber haben das antike Kostüm abgestreift und zeigen
sich in der knappanliegenden Tracht und der Rüstung des Mittelalters.
Der malerische Vortrag ist weicher und verschmolzener, und in der
mannigfaltigen Anwendung architektonischer Gründe und klassischer
Zierformen zeigt sich vollkommne Beherrschung der Perspektive und
Architektur.
Die Zeit der Ausführung dieser Werke ist uns nicht genau be-
kannt; doch wissen wir aus älteren Nachrichten, dass Mantegna einer
der frühreifsten Künstler war und schon siebzehnjährig mit selbstän-
digen Werken hervortrat. Als Zwanzigjähriger malte er 1452 die
h. Bernardin und Antonius im Bogenfelde des Hauptportals von S. An-
tonio, wo wir zum ersten Mal seinen Namen mit dem Datum 1452
antrelTen. Zwei Jahre später (1454) malte er für Sta. Giustina ein
Altarwerk, welches sich jetzt unter Nr. 168 und 350 in der Brera zu
Mailand befindet. Es enthält in alterthümlicher Weise auf Goldgrund
in zwölf einzelnen Abtheilungen den h. Lucas schreibend, zu seinen
Seiten die h. Benediet, Prosdoeimus, Justina und Scholastica, darüber
vier andere Heilige und in der Mitte eine Pieta, scharf und herb, aber
grossartig und von erstaunlicher Kraft und Lebenswahrheit. Eine andre