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Die Frührenaissance.
dass er schon 1483 Obmann der Zunft wurde, dieses Amt noch oft-
mals bekleidete und 1514 sogar zum "Obmann der vier Künste" er-
wählt wurde. Er galt als ausgezeichneter Meister nicht bloss im Silber-
ornament und der Niellirung, sondern auch im Stempelschneiden und
wurde durch die Bentivogli, die damaligen Herrscher Bologna's, später
durch Julius II. zum Münzmeister ernannt. Durch wen er zuerst in
die Malerei eingeführt wurde, ist nicht bestimmt zu sagen; schwerlich
durch Zoppo, dessen harte trockene Schärfe sehr fern ist von dem
weichen Schmelz in Francia's Bildern. Auch die Einwirkung Mantegnafs,
der vorübergehend 1472 in Bologna war, kann .nicht bestimmend ge-
wesen sein, denn ein grösserer Gegensatz als die herb männliche Kunst
des Paduaners und die weiblich milde des Bologncsen lässt sich kaum
denken. Eher dürfte Costa, der zwar jünger, aber in der Technik
der Malerei vorausgeeilt war, mit der tiefen Glut seiner Töne und der
röthlichen Karnation auf ihn eingewirkt haben. Bald darauf freilich
überholte er den Freund so sehr, dass dieser wieder von ihm lernte
und seine anfängliche Schärfe durch Francia's Weichheit milderte. Im
Ganzen aber steht der ausgebildete Stil Francia's der umbrischen Ge-
fühlsweise und den Werken Peruginds so nahe , dass eine Ableitung
seiner Kunstweise von dem Stil des timbrisehen Meisters unabweisbar
ist. In der That fehlte es in Bologna nicht an Werken Peru-
gino's, die durch die Innigkeit der Empfindung, die Schönheit des
Aufbaues und den tiefen Schmelz der Farbe einen bedeutenden Eindruck
machen mussten. Francia fand in diesen Werken das tiefe, ihn selbst
erfüllende religiöse Gefühl in vollkommener Weise ausgesprochen; er
schloss sich in einer verwandten subjektiv lyrischen Stimmung dieser
Richtung an und schuf fast ausschliesslich kirchliche Werke von ruhiger
Zustandlichkeit, in Welchen der Hauch umbrischer Erregtheit und
schwärmerischer Ekstase zu einer gemässigteren, durch holde Innigkeit
anziehenden Empfindung sich abdämpft. Seine Madonnen mit den sanften
Augen, dem edlen Oval, seine Heiligen mit den weichen andachtsvollen
Charakteren gehören zu den reinsten Aeusserungen der religiösen
Malerei jener Zeit.
Eine seiner frühesten Arbeiten scheint der herrliche h. Stephanus
in der Galerie Borghese zu Rom, in reichem Diakonengewande, mit
dem Ausdruck der Sammlung im Gebete knieend, als 0b er eben das
Martyrium erwarte, ausgezeichnet durch die Glut der Farbe und durch
die meisterliche Modellirung, besonders in den edel geformten Händen.
Einer noch früheren Epoche muss die h. Familie im Museum zu Berlin