Kapitel.
Die
VOII
Schule
Umbrien.
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Domenico della Rovere zuerst in einer Kapelle von Sta. Maria del
Pop olo (erste rechts) ein Freskobild der Geburt Christi aus, in der
Anordnung, welche das am Boden liegende Kind von Maria, Joseph,
einem Engel und dem knieenden Stifter verehrt darstellt, Es ist ein
Bild voll Anmuth und Würde, in freundlicher Landschaft bei harmo-
nischer Färbung. Pilaster und Bogen mit vergoldeten Ornamenten
bilden die Einrahmung. In den Bogenfeldern sieht man Scenen aus
dem Leben des h. Hieronymus, dem die Kapelle geweiht ist. Für
dieselbe Familie malte er zum Andenken an den 1483 verstorbenen
Giovanni della Rovere die dritte Kapelle in derselben Kirche. In den
fünf Bogenfeldern des polygonen Raumes sieht man Scenen aus der
Geschichte der Madonna, am Gewölbe Arabesken, welche Mcdaillons
mit Brustbildern von Propheten einschliessen, an der Wand links eine
Darstellung der Himmelfahrt Maria, eine reichbewegte Composition,
im Bogenfeld über dem Grabmal den todten Christus von zwei Engeln
gehalten, ein edles ausdrucksvolles Werk, über dem Altar endlich
ebenfalls ein Fresko der thronenden Madonna mit Heiligen, an den
untern Wandfeldern grau in grau gemalte Marterscenen. Das Ganze
ist von ebenso würdigem als reichem Eindruck. Die bedeutendste
Arbeit des Künstlers in dieser Kirche sind aber die Fresken am Chor-
gewölbe, wiederum für Giuliano della Rovere ausgeführt. (Fig. 132.)
In den unteren Theilen der vier Gewölbzwickel hat er in schönen
Renaissance-Tabernakeln die vier Kirchenvater angebracht, im Mittel-
punkt des Gewölbes ein grosses Rundbild der Krönung Maria, im
weiten Kreise von kleineren Rundbildern mit den I-Ialbfiguren der
Evangelisten umgeben. Zwischen diesen sparte er längliche Felder
aus mit den liegenden Gestalten von vier Sibyllen; das Ganze fasste
er in Rahmen und Gesimse, die nach Art der sogenannten Grottesken
die ganze Fabelwelt der Antike in den Dienst einer ebenso üppigen,
als anmuthigen Ornamentik ziehen. Nachdem bis dahin die antike
Plastik die Dekoration der Renaissance ausschliesslich beherrscht hatte,
war dies das erste Mal, dass die antike Malerei in ihrer köstlichen
Formen- und Farbensprache Einliuss auf die moderne Kunst gewann.
Der dekorative Reiz dieser von Gold und lebhaften Farben strahlenden
Decke gehört zum Schönsten ihrer Art. Auch auf diesem Gebiet sollte
später Rafael in seinen Loggien die höchste Vollendung bringen.
Von den Wandgemalden, welche er für Innocenz VIII. in dem
neuerbauten Palast des Belvedere ausgeführt hat, sowie von manchen
andern gleichzeitigen römischen Arbeiten, ebenso von einigen im Dom