Kapitel,
Die
Schule
VOII
Umbrien.
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Christi in herkömmlicher Anordnung. In der Pinakothek zu München
mehrere Tafeln des Meisters, von welchen die dem h. Bernhard er-
scheinende Madonna durch die tiefe Leuchtkraft des harmonischen
Kolorits und die weihevolle Stimmung zu seinen edelsten Werken
zählt, während die das Kind anbetende Madonna ebenda Nr. 590 ein
bleicheres Kolorit und etwas conventionellere Empflndllllg zeigt, Auch
eine Madonna mit dem Kinde und dem kleinen Johannes in der
StädePschen Sammlung zu Frankfurt gehört zu seinen liebenswür-
digen Werken. Bemerkenswerth wegen des in der italienischen Kunst
seltenen, bei den Deutschen dagegen um so häufigeren Gegenstandes
ist ein Bild der Sippsehaft Christi im Museum zu Marseille.
Dass Perugino zu den bedeutendsten Meistern des Bildnisses gehört,
beweist sein angebliches eigenes Portrait in der Galerie der Üffizien
vom Jahr 1494, von energischer Auffassung und meisterhafter malerischer
Behandlung. Nicht minder bedeutend die beiden Proülbildnisse von
Vallombroser-Mönchen in der Sammlung der Akademie, in Zeichnung,
Auffassung, malerischer Durchbildung wahre-Meisterwerke. In das
Gebiet des mythologiseh Allegorischen scheint Perugino nur ausnahms-
weise sich begeben zu haben. Das einzige uns bekannte Beispiel bietet
das interessante Bild im Louvre, welches er 1505 für Isabella d'Este,
Herzogin von Mantua, gemalt hat. Es stellt den Kampf zwischen
Liebe und Keuschheit dar und bietet ein wunderliches Gewimmel von
Satyrn und Liebesgöttern, welche mit goldenen Bogen gegen die
Nymphen kämpfen, die sie an den Haaren oder an seidenen Schnüren
fortzureissen suchen, während die Keuschheit jene schützt, indem sie
die Waffen zerbricht und sie mit ihren Fackeln züehtigt. Im Hinter-
grunde sieht man die Entführung der Europa, die Verwandlung der
Daphne, und in den Lüften den Boten der Götter mit seinem Stabe.
Die nackten Körper sind trefflich gezeichnet, obwohl das Bild nur
eine flüchtig hingeworfene Skizze ist. In dem noch vorhandenen Briefe
des Künstlers an die Bestellerin bestätigt er den Empfang von 80 Dukaten
Honorar und betheuert der Herzogin, er habe das Bild in Deekfarben
ausgeführt, weil Messer Andrea Mantegna diese Malweise gern an-
wende; auch habe er die Arbeit mit der grössten Sorgfalt ausgeführt.
Üeberrasehend bei einem Künstler, der sein ganzes Leben der
Verherrlichung der Religion gewidmet hat, ist VasarYs Behauptung,
dass Pietro irreligiös gewesen sei und nur nach weltlichen Gütern
getrachtet habe. Dass der Künstler ein guter Haushälter war, zu
ansehnlichem Besitz gelangte und das Seinige mit Umsicht zusammen-