Kapitel.
Umbrisch-toskanische
Schule.
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Heiligen Clara und Franziskus, Antonius und Johannes des Täufers.
Hier erinnert der derbe Realismus in den Charakteren und der male-
rischen Durchführung am meisten an Castagno, während die alterthüm-
liche Eintheilung und Sonderung an die Gewohnheiten der sienesischen
Schule gemahnt. Es fehlt die freie Lebendigkeit der wechselseitigen
Beziehungen, Welche die Florentiner längst für solche Altargruppen
eingeführt hatten. Auch ein kleines Tafelbild der Akademie zu Vene-
dig, bezeichnet „Petri de Burgo sancti sepulcri opus", welchgg den
h. Hieronymus von einem vor ihm Knieenden verehrt darstellt, Wiederum
von meisterhafter Feinheit der Durchbildung, gehört hieher. Die In-
schrift scheint auf eine Entstehung in Perugia („Augusta Perusiaa)
hinzudeuten.
Im Jahre 1469 erhielt Piero den Auftrag von der Bruderschaft
Corpus domini zu Ürbino, ihnen ein Altarbild zu malen, Wobei die
Reisekosten ihm durch Giovanni Santi, den Vater RafaePs, ersetzt
Wurden. Dieser nahm den berühmten Maler gastfreundlich auf und
setzte demselben in seiner Reimchronik ein Ehrendenkmal. Ob jener
Auftrag zur Ausführung kam, wissen wir nicht. Aber der grosse
Feldherr und Staatsmann Herzog Federigo von Ürbino, damals auf
dem Gipfel seiner Macht und voll Eifer für grossartige künstlerische
Unternehmungen, die er durch den Bau seines noch vorhandenen Pa-
lastes einleitete, zog sofort den ausgezeichneten Künstler in seine
Dienste. Zunächst liess er von ihm eine Geisselung Christi ausführen.
Dies Bild, das man in der Sakristei des Domes sieht und das den
Namen des "Künstlers trägt, wird auf das grausige Schicksal Oddan-
tonio's von Montefeltro bezogen, der mit seinen Gefährten unter den
Knitteln ausgesandter Meuchelmörder üel. Die Bildnisse Oddantonids,
Federigds und ihres Vaters Guidobaldo will man in der Gruppe von
Zuschauern ausserhalb der prachtvollen Sälulenhalle erkennen, in die
der Künstler die Scene verlegt hat. Auch hier zeigt sich wieder die
architektonische und perspektivische Meisterschaft Piero's in ihrer
Vollendung; nicht minder vollkommen ist die köStliehe Feinheit der
Zeichnung und des durchsichtig klaren Kolorits. Merkwürdig als
Beweis seiner grossen Vorliebe für architektonische Darstellungen ist
sodann noch ein Bild in S. Chiara, welches nur einen zweistöckigen
Rundtempel mit anstossenden Gebäuden verführt: eine jener zahlreichen
Variationen über das Lieblingsthema der Renaissance, den centralen
Kuppelbau. Noch interessanter ist ein anderes für den Herzog aus-
geführtes Werk, jetzt in den Üfiizien zu Florenz: das Doppelbildniss