Buch.
Das Mittelalter.
Rings sieht man in vier grösseren Feldern Jonas vom Fische ver-
gghlungen, dann nach drei Tagen wieder ausgespieen, und endlich in
zwei Bildern, wie er in seiner Kürbislaube sich zuerst wohl fühlt, dann
über das Hinwelken des Kürbis bekümmcrt ist. Jonas als Symbol
des ebenfalls nach drei Tagen wieder auferstandenen Christus ist eines
der beliebtesten Themata der altehristlichen Kunst, da es zugleich
ganz allgemein als Sinnbild der Unsterblichkeit gilt. Die kleineren
Zwischenfelder sind durch Tauben, die grösseren Zwisehenflächen ab-
wechselnd durch Pfauen und Lämmer geschmückt. Dies Alles noch
mit der vollen Anmuth antiker Dekoration.
Man sieht in allen diesen Werken eine Raumsymbolik sich ent-
wickeln, Welehc den Keim für die spätere grossartig ausgebildete
Arehitektonik der christlichen Malerei enthält. Alles bezieht sich im
Gedanken auf die Hauptfigur Christi, der das Centrum des Raumes
beherrscht. Die Nebenscenen enthalten fast ausschliesslich Geschichten
des alten Testamentes, die weniger um ihrer selbst willen, als wegen
ihrer symbolischen Beziehung auf den Heiland gewählt sind. Der
später so streng durehgebildete Parallelismus der mittelalterlichen Kunst
versucht hier seine ersten Schritte. Von Seenen des neuen Testaments
ist nur die Auferweckung des Lazarus gewählt. Sie grade musste als
Symbol des freudigen Glaubens an ein besseres Leben, an die Ver-
einigung im himmlischen Reiche den Christen an den Gräbern geliebter
Verstorbenen sich aufdrängen. Alles in diesen frühen Katakomben-
Gemälden athmet den Geist des Friedens, des stillen Gottvertraucns,
der ruhigen glaubensvollen Hoffnung. Nirgends eine Erinnerung an
das Leiden des Erlösers, oder an. die Martern der christlichen Blut-
zeugen. Die WVirklichkeit war noch zu sehr erfüllt von solchen Scenen
des Schreckens. Erst in der späteren Zeit, als die Erinnerung ver-
blasste und die roheren Gemüther stärkerer Impulse bedurften, wandte
sich die chlistlißllß Kunst den Darstellungen der Passion und des
Marterthums zu.
Dies. hing aber zusammen mit einer veränderten Grundstimmung,
die seit der constantinisehen Zeit sich vollzog und aus dem Symbo-
lischen ins Historische hinüber lenkte. Es gehörte dazu nicht blos die
grössere Zeitferne, welche nothwendig ist, um das geschichtliche Ereig-
niss in ein-Phantasiebild umzusetzen und zur künstlerischen Erscheinung
zu erheben, sondern auch jener äussere Umschlag der Verhältnisse,
Wßlßhßr durch Constantins Anerkennung dem Christenthum die ge-
Sißllerte Existenz und die offene Ausübung seines Kultus verschaffte.