Volltext: Geschichte der Italienischen Malerei vom vierten bis ins sechzehnte Jahrhundert (Bd. 1)

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Buch. 
Die Frührenaissance. 
engen Gebiete erreichen ihre Maler immer noch Anziehendes, Rührendes. 
Aber wo sie über diese enge Domäne zur Schilderung bewegten Han- 
delns sich wenden, da, zeigt sich sofort ihre Gebundenheit,  ihre 
Ohnmacht. 
Diese Thatsache wird um so auffallender, wenn wir erwägen, dass 
auch in Siena die Sculptur im Beginne der neuen Zeit einen bedeutenden 
Aufschwung erlebt, ja dass einer der grossen Bahnbrecher, J acopo della 
Quercia, mit ;seinen plastischen Werken den neuen Weg der Natur- 
Wahrheit sehr früh betritt. Wir erkennen ihn schon am Grabmal der 
Ilaria del Carretto  1405) im Dom zu Lucca, mehr noch an dem 
Brunnen, den Jacopo seit 1412 für die Piazza del Campo von Siena 
ausführte, ebenso an dem marmornen Taufbecken in der Johannes- 
kapelle des Doms. Während aber in Florenz die Malerei rasch der 
vorangeschrittenen Plastik folgte, blieb sie in Siena zögernd hinter der 
neuen Bewegung zurück. Man kann für diese Erscheinung nicht die 
politischen Verhältnisse der Stadt verantwortlich machen. Nach den 
heftigen Verfassungskämpfen, welche das 14. Jahrhundert hindurch 
Siena gleich andern Städten zeriieischten, War seit 1399 die Stadt 
sammt Pisa, Perugia, Padua, Bologna in die Hände des gewaltthätigen 
Gian Galeazzo Visconti gefallen. Als sie durch seinen plötzlichen Tod 
1402 frei wurde, vertrieb man die frühere Obrigkeit und die Aristo- 
kraten und setzte ein demokratisches Regiment ein, welchem man die 
Reform der Verfassung übertrug. Im Weiteren Verlauf des 15. Jahr- 
hunderts trat nach so langen Stürmen und Parteiungen die Ruhe der 
Erschöpfung ein, bis unter Pandulfo Petrucci 1487 der vertriebene 
Adel, unterstützt durch die Florentiner und den König von Neapel, 
sich der Stadt bemächtigte und ein aristokratisches Regiment aufrichtete. 
An die Spitze der Regierung trat Petrucci, unter dessen durch einen 
Senat gemässigter Gewaltherrschaft Siena noch einmal zu hoher Blüthe 
gelangte. Der Geist der Renaissance erhob sich jetzt erst zu freier 
Entfaltung. Strassencorrectionen wurden durchgeführt, für Ordnung, 
Anmuth und Reinlichkeit der Stadt gesorgt, edle Paläste nach dem 
Vorbilde der Horentinischen, vor allem der Palazzo Piccolomini und der 
für Petrucci ausgeführte Palazzo del Magnifico mit seinen prachtvollen 
bronzenen Fahnenhaltern errichtet, wie früher schon die Loggia de' 
Nohili und die schöne Fonte Gaia den Beginn der Renaissance be- 
zeichnet hatten. 
Wie sehr bei der glänzenden Entfaltung der Architektur und der 
Plastik die Malerei znrückblieb, beweist nichts schlagender, als die
	        
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