III.
Kapitel.
florentiner
Die
Schule.
Zweite
Generation,
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Stifter voll energischer Porträtwahrheit enthält. In der Himmelfahrt
der Madonna endlich, die von einem tanzenden Kreise mugicifgndgf
Engel umringt wird, erkennt man die Einwirkung der flatterndcn
Gewänder BotticellYs, nur hier bis in's Manierirte gesteigert. Die
Gewänder der Madonna in dem gedankenlosen Reichthum des Falten-
wilrfs sind schon eine Vorahnung des späteren Z0pfstilg_
Gradezu stillos sind sodann die letzten grossen Fresken, welche
Filippino in der Cap. Filippo Strozzi in Sta- Maria Novella aus-
führte. Schon 1487 war der Auftrag hierzu an ihn ergangen, aber
in einem noch erhaltenen Briefe aus Rom entschuldigt sich der Künstler
mit seinen dortigen Arbeiten für den Kardinal Carafa. Die Ausführung
der Werke erfolgte erst spät, nach dem Tode des Stifters (1491).
Die Fresken enthalten die Auferweckung der Drusiana durch Johannes
den Evangelisten, das ltlartyrium des Heiligen in einem Kessel mit
siedendem Oel, den Sturz der Götzenbildcr durch den Apostel Phllippug
und dessen Kreuzigung. Hier sind ohne Frage immer noch einzelne
Motive von überraschender Lebendigkeit, von hohem dramatischem
Ausdruck, voll kühnen Schwungs der Phantasie. So ist die auf der
Bahre sich erhebende, ihrem Erretter die Hände entgegenstreckende
Drusiana von ergreifendem Ausdruck staunenden Wiedererwachens, die
Gestalt des Apostels von feierlicher Würde, das Entsetzen der Träger,
die lebendige Theilnahme der Zuschauer, namentlich der Frauen mit
ihren Kindern voll Schönheit. Dennoch fehlt es nicht an allerlei
Wunderlichkeiten, namentlich sprechen die bauschigen manicrirten
Gewänder fast nirgends mehr den Organismus der Gestalt bezeichnend
aus. Beim Martyriilm des Johannes ist die Bewegung der Henker
und die leidenschaftliche Gebärde des Richters gut ausgedrückt, die
Figuren aber leiden an einer bombastischen Üeberladung mit antiken
Kostümgegenständen, welche freilich Vasari besonders lobt, die uns
aber fast den Eindruck einer Maskerade macht. Man begreift bei
dieser Richtung des Künstlers, dass er mit seiner reichen Erfindungs-
gabe, wie Vasari erzählt, der Jugend bei Festen, Maskeraden und
andern Schauspielen besonders willkommen war. Noch mehr tritt
diese Phantastik zu Tage bei der Darstellung von des ApostelsWunder-
that, wo allerlei orientalisches Kostüm hinzukommt und die seltsame
Ausbildung der Tempelnische mit dem Götzenbild, der verkröpften
Gesimse, der seltsamen Hermenfiguren an den Pilastern, der Häufung
von Trophäen, Vasen, Waffenstücken u. dgl. einen völlig barocken
Eindruck erzeugt. Wegen dieser Dinge sowie wegen der wunderlichen