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Buch.
Die Frührenaissance.
Vasari erzählt, Sandro habe das in. Rom erworbene Geld durch
unachtsame Wirthschaft bald verthan und sei überhaupt gegen Ende
seines Lebens, da er als Anhänger Savonarola's sich dem Grübeln
hingegeben habe, zur Vernachlässigung seiner Kunst gekommen; er
habe dann im Alter sich auf zwei Krücken fortschleppen müssen und
sei in seinen Verhältnissen so sehr heruntergekommen, dass er nur durch
Unterstützung Lorenzo's de' Medici sein Leben kümmerlich gefristet
habe. Dies kann, wenn es nicht überhaupt auf Üebertreibung beruht,
nur für seine letzten Lebensjahre gelten, denn es fehlt uns nicht an
Nachrichten von einer Reihe ansehnlicher Aufträge. So hatte er 1482
mit Ghirlandajo im Palazzo pubblico zu malen und 1491 mit demselben
Künstler und dessen Bruder David Mosaiken für die Zenobiuskapelle
im Dom auszuführen; Werke, die sämmtlich nicht mehr vorhanden
sind. Ebenso gehörte er unter die Sachverständigen, welche über die
Ausführung der Facade des Doms zu berathen hatten, und 1503 gab er
ß ein Gutachten über die Aufstellung von Michelangelds David ab. Als er
1498 sein Vermögen angab, wohnte er mit seinem Bruder Simone
zusammen und besass ein Haus vor der Porta di S. Friano. Er war ein
unermüdlich ileissiger Zeichner und gab 1482 Illustrationen zum Dante
heraus, die zum Theil von ihm, zum Theil von Baccio Baldini gestochen
waren. Er starb 1510 und wurde in der Kirche von Ognissanti bestattet.
Sandrds Schüler, Filzjopino Lippi, der Sohn Fra Filippds, wurde
von seinem Vater zwar dem Fra Diamante zur Erziehung und Unter-
weisung übergeben, von dem er wohl die ersten Anfangsgründe der
Kunst erlernte, schliesst sich indess in manchen Eigenheiten dem Sandro
an. In Prato um 1458 als Frucht jenes strafbaren Verhältnisses mit
Lucrezia Buti geboren, kam er mit seinem Vormund bald nach Florenz,
wo er zu einem der angesehensten Meister heranwuchs. In seinen
früheren Bildern wirkt die klare heitere Weise seines Vaters nach;
später entwickelte sich unter den mannigfachen EinHüssen von Florenz,
besonders auch durch die Einwirkung Sandro's, sein Stil zu eige11-
thümlicher Bestimmtheit. In seinen Tafelbildern erkennt man am
meisten, namentlich im Typus der weiblichen Köpfe, Verwandtschaft
mit Botticelli, den er indess an Reichthum und Schwung der Phantasie
überragt. In seinen zahlreichen Fresken schliesst er sich zuerst dem
Vorgangs Masaccids an, ohne jedoch dessen plastische Fülle und gran-
diose Einfachheit zu erreichen. Vielmehr überlässt er sich bald einem
Hange nach überladenen Formen, nach flatternden, bauschigen Ge-
wändern, wodurch seine späteren Arbeiten nicht selten etwas Manie-