Volltext: Geschichte der Italienischen Malerei vom vierten bis ins sechzehnte Jahrhundert (Bd. 1)

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Buch. 
Frührenaissance. 
Die 
neben den Grazien ist ein ritterlicher Jüngling im Begriff, von einem 
der Lorbeerbäume einen Zweig abzubrechen. Auf der andern Seite 
neben der Venus steht in reichen blumendurchwirkten Gewändern die 
Mädchengestalt des Frühlings, im Begriff, Rosen aus ihrem Gewande 
in die Lüfte zu streuen. Neben ihr sieht man eine andre jugendliche 
F rauengestalt in durchsichtigen Schleiern, von einem Genius unter den 
Armen gehalten, in lebhafter Bewegung vorwärts stürzen. Während 
die übrigen Figuren die charakteristischen Typen Sandr0's zeigen, hat 
die letztere Gestalt, sowie der neben ihr stehende Frühling unver- 
kennbar die an Lionardds weiblichen Figuren hervortretenden Züge. 
Das Bild steht an Einfachheit und Klarheit jenem ersteren entschieden 
nach und zeigt eine gewisse Ueberladung mit allegorischen Motiven; 
dennoch ist ihm eine phantastisch poetische Stimmung eigen, die in 
den zarten graziösen Gestalten sich anziehend ausspricht. 
Ein drittes Werk dieser Richtung ist die in den Uffizien be- 
findliche Darstellung der Verleumdung nach Apelles, der bekannten 
Schilderung Lucians nachgebildet. In einer reichen Renaissancehalle 
sitzt auf einem Thron ein Richter, in dessen riesige Ohren zwei heran- 
drängende Frauen, die Unwissenheit und die Verdächtigung, eifrig 
flüstern. Vor ihm steht in zerlumptem Anzug der Neid, seine Anklage 
erhebend, während hinter diesem die üppige Gestalt der Verleum- 
dung, "von der Arglist und der Täuschung mit Blumen und Bändern 
aufgeputzt, ihr unschuldiges Opfer, einen nackten Jüngling, an den 
Haaren herbeischleift. Hinter dieser Gruppe folgt langsam die häss- 
liche Gestalt der Reue, und endlich schliesst die völlig unbekleidete 
Wahrheit den Zug, betheuernd die Rechte zum Himmel emporhebend. 
Es ist etwas phantastisch Wildes in der Darstellung, die durch das 
sorgfältige Studium und eine gewisse Herbheit der Formen sich als 
ein Werk der Frühzeit des Meisters verräth. Noch mehrere Male hat 
Sandro Darstellungen der Venus geliefert; so im Museum zu Berlin 
(Nr. 1124) ein kleines Bild von trefflicher Ausführung und feiner 
Modellirung, eine Studie nach der mediceischen Statue und wahr- 
scheinlich eine Vorbereitung für das Bild der Üffizien. Eine von 
Amoretten umspielte, auf blumigem Wicsengrund lagernde in der Samm- 
lung des Louvre; eine ähnliche in der Galerie Barker zu London; 
zwei lebensgrosse Venusbilder in der Sammlung des Lord Ashburton; 
ein unbedeutenderes: Bild der Galatea in der Galerie zu Dresden; 
wohl nur von Schülerhand. 
Dass Sandro gelegentlich auch novellistische Stoffe behandelt hat,
	        
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