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Buch.
Frührenaissance.
enthält es einen besonders poetischen Zug in den mit Rosen bekränzten
Engeln, welche mit brennenden, ebenfalls von Rosen umiiochtenen
Wachskerzen sich herandrängen. Die dünnen flatternden, aufgeschürzten
Gewänder der Engel bezeugen eifrige Studien nach antiken Gewand-
figuren. Ein ähnliches Rundbild der Madonna mit Engeln sieht man
ebendort in der Galerie Raczynski. Ein anderes Bild (Nr. 106),
das aus S. Spirito stammt, giebt die thronende Madonna mit Johannes
dem Evangelisten und dem Täufer; letzterer Wiederum fast skelettartig
im Geiste DonatelloÄs. Eine köstliche Laube vo'n Palmen und Oliven,
welche die Gestalten umgiebt, verleiht dem Bilde hohen poetischen
Reiz und beweist auf's Neue, dass Sandro in solchen Werken wie ein
sinniger Dichter stets neue Weisen zur Verherrlichung der Madonna
anstimmt. Nr. 1117 in derselben Galerie, die Verkündigung darstellend,
ist etwas flau in Farben und Durchführung und gehört zu den geringeren
Werken des Meisters. Anziehender ist eine Predella der Galerie zu
Dresden (Nr. 2369) aus der von Quandfschen Sammlung, in vier
Abtheilungen Scenen aus der Legende des h. Zenobius enthaltend.
Zu den grossartigeren Schöpfungen Sandr0's gehört die Grab-
legung Christi in der Pinakothek zu München, ein Werk von einer
leidenschaftlichen Gewalt des Schmerzes, ebenfalls an Donatello erin-
nernd, kräftig modellirt und in einem tiefen Kolorit durchgeführt. Ein
kleineres gutes Bild des Meisters ist die Anbetung der Könige in der
Eremitage zu Petersburg; zwei schwächere Rundbilder der Madonna-
besitzt die Nationalgalerie zu London, doch gehört das eine (Nr. 275)
durch die anmuthige Composition, das feine kühle, fast wachsartige
Kolorit, die treffliche Zeichnung der Hände, den unschuldsvollen Aus-
druck der Köpfe zu seinen liebenswürdigsten Werken. Von den zahl-
reichen, in den Privatsammlungen befindlichen ähnlichen Bildern San-
dros dürfen wir füglich absehen, um einer Reihe andrer Gemälde zu
gedenken, welche den Künstler als einen der eifrigsten Bewunderer
des klassischen Alterthums erkennen lassen. Diese Werke gehören
sicherlich seiner früheren Zeit an, ehe er durch das Auftreten Savo-
narola's einem mystischen Tiefsinn verfiel.
Das Hauptbild dieser Gattung ist die Geburt der Venus in den
Uffizien. (Fig. 109.) Für Cosimo Medicfs Villa zu Castello gemalt,
giebt es uns eine deutliche Vorstellung von der Stimmung, in welcher
die Zeit der Frührenaissance sich die Gestalten des klassischen Mythos
vorstellte. Eine thaufrische, jugendlich schlanke Gestalt, schwebt die
Göttin in einer Muschel auf der leichtbewegten Meeresfltith heran,