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Buch.
Frührenaissance.
noch Manches von ihm nachweisen. In der Galerie zu Berlin ist die
Madonna (N0. 77), welche in einer Landschaft vor einer steinernen
Brüstung stehend, das auf derselben sitzende Christuskind liebkost, ein
gutes, in kräftigem Kolorit mit braunen Schattentönen im Fleisch
durchgeführtes Bild. Ein fein modellirtes Brustbild eines jungen
Mannes in derselben Galerie (N0. 86) spricht durch lebendige Auf-
fassung und warm bräunliche Karnation an. Im Louvre enthält das
Musee Napoleon eine anziehende Madonna.
Neben Ghirlandajo ist der ungefähr gleichzeitige Sanolro Botticelli,
eigentlich Alessandro Filipepi, einer der angesehensten und thätigsten
Meister der zweiten Hälfte des Jahrhunderts. In Florenz 1446 ge-
boren, wurde er von seinem Vater zum Goldschmied bestimmt, ging
aber bald zur Malerei über, die er bei Fra Filippo erlernte. So be-
deutend waren seine Fortschritte in Aneignung der von verschiedenen
Seiten für die Malerei gewonnenen technischen Ergebnisse, dass er
beim Tode Fra Filippo's für den besten Meister in Florenz galt. In
manchen seiner Werke, wie z. B. der Figur des h. Augustinus, welche
er 1480 in der Kirche von Ognissanti als Gegenstück von Ghirlan-
dajo's Hieronymus malte, sehen wir noch den herben Realismus Castagnds
nachwirken. Ebenso verräth die Fortitildo, welche er als Abschluss
der von den Pollajuoli 314) für das Kaufhaus gemalten Tugenden
malte, jetzt in den Uffizien, durch die energischen Formen, die
gewaltsame Bewegung, den tiefen Farbenton den Einfluss sowohl des
Castagno wie der Pollajuoli. Um dieselbe Zeit hatte er die in dem
Aufstand der Pazzi (1478) betheiligten Verschwörer an die Wände des
Pal. Vecchio zu malen, wofür er 40 Gulden erhielt. Ein ähnlicher
Auftrag war früher (vgl. S. 282) dem Castagno zu Theil geworden.
In der Technik seiner zahlreichen Tafelbilder folgt Sandro zuerst den
klaren Temperatönen seines Meisters, nimmt dann aber die tieferen
Schattentöne und die kräftigere Modellirung der Pollajuoli und die
energische Formgebung Verrocchids auf. Er ist ebensowohl in zahl-
reichen, mit grosser Sorgfalt durchgeführten Tafelbildern, wie in gross-
räumigen Fresken, ebensowohl in religiösen als mythologischen Stoffen
bewandert, ja unter den Florentinern des 15. Jahrhunderts kommt bei
ihm am meisten das klassische Alterthum zum Wort. In den Andachts-
bildern begünstigt er mit Vorliebe die von Fra Filippo aufgebrachte
Form des Rundbildes, und wiederum nach dem Vorgange seines Meisters
liebt er es, die Madonna als irdische Mutter in traulicher Häuslichkeit,
im Familienkreise zu schildern. Der Kopf der Madonna hat meist