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Buch.
Die
Frührenaissance.
damalige florentinische Kunst so reich ist. Eine bedeutende Versamm-
lung gespannt aufhorchender Zuhörer finden wir in der Predigt des
Johannes, obwohl hier die Hauptgestalt wie eine Anzahl der Neben-
iiguren Wieder etwas dürftiger in Form und Durchbildung erscheinen.
Bei der Taufe Christi ist der Vorgang selbst weihevoll geschildert,
und in den Nebenfiguren, die sich zur Taufe vorbereiten, hat der
Künstler, wie in der Christusgestalt, sein gediegenes Verständniss des
Nackten, des menschlichen Organismus in Form und Bewegung be-
kundet. Die Landschaft ist durch steil aufragende Felsen gegliedert,
zwischen welchen der Blick in lieblich angebaute Thalgründe fällt.
Bedeutend ist die Gruppe des in den Wolken zwischen anbetenden
Engeln erscheinenden Gottvaters. Beim Gastmahl des Herodes, welches
das ganze Bogenfeld füllt, fällt der Blick in eine grossartige drei-
schiffige Renaissancehalle, das Vorbild der herrlichen Bogenhallen der
Schule von Athen. Dadurch erhält die Scene den Eindruck vornehmer
Pracht und Festlichkeit. In freier Anordnung sind an drei hufeisen-
förmig gestellten Tischen die Gäste vertheilt. Die ilorentinischen Damen
in ihrem zierlichen Kopfputz, idie stattlichen Männer in faltenreichen
Talaren, die Jünglinge in der knapp anliegenden Modetracht geben
ein lebendiges Bild der Zeit. Es fehlt auch nicht an einem Zwerge,
der damaligen Hofhaltungen unerlässlich war. Die tanzende Salome
war eine Aufgabe, die der Künstler nicht in voller Freiheit zu lösen
vermochte; es isteeine Figur, die mit den gezwnngenen Bewegungen
und den bauschenden Gewändern an Bronzeguss erinnert. Auch der
knieende Diener mit derrLHaupte des Taufers ist nicht frei von Härten
in Form und Bewegung. Das Ganze aber macht einen grossartig
festlichen Eindruck. Die Evangelisten an den Gewölben gehören zu
den geringeren Arbeiten; es war nicht mehr die Zeit, die solchen
Aufgaben ein Interesse zuwandte.
Man begreift vor diesem grossartigen Cyelus, der mit erstaun-
licher technischer Sicherheit behandelt ist, das Wort Ghirlandajds:
"Jetzt, da ich die Art dieser Kunst kennen gelernt habe, bedaure ich,
dass man mir nicht die ganze Stadtmauer von Florenz mit Historien
zu bemalen übertragen hat." Tornabuoni war höchlich befriedigt von
diesen bedeutenden Werken, durch die er seine und seiner Familie
Unsterblichkeit verbürgt sah. Als es aber an's Bezahlen ging, wurde
ihm die ausbedungene Summe doch etwas zu schwer. Ghirlandajo
sollte zu dem Preise von 1200 Dukaten für das Ganze, noch 200 als
Extrabelohnung erhalten, wenn man zufrieden sein würde. Tornabuoni